Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich hier die eine oder andere Rede anhört, dann erkennt man: Es wird sehr stark verschleiert, um was es eigentlich geht. SPD, Grüne, FDP und CDU/CSU wollen die Kleinstparteien aus dem Europaparlament raushalten, sie wollen die Türen des Europaparlaments dichtmachen. Gemessen an der letzten Europawahl würde das bedeuten: 1,7 Millionen Wählerstimmen aus Deutschland kommen nicht mehr zur Geltung. Und das nennt Axel Schäfer „mehr Demokratie“. Auf diese Idee muss man einmal kommen: 1,7 Millionen Wählerstimmen in den Mülleimer werfen und das als einen demokratischen Fortschritt für Europa bezeichnen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Fabian Jacobi [AfD])
Nein, wir als Linke haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts begrüßt. Das Bundesverfassungsgericht hat uns deutlich ins Stammbuch geschrieben, dass eine Sperrklausel ein schwerwiegender Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit ist und damit bei einer Europawahl auch nicht zu rechtfertigen ist. An dieses Urteil sind wir immer noch gebunden. Deshalb werden wir die Änderungen heute auch ablehnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Gesetzgebungsverfahren ging es leider nicht um die politische Entscheidung. Allen anderen Fraktionen war klar: Es geht den Großen darum, die Kleinstparteien rauszuhalten, damit Sie bei der Europawahl ein oder zwei Mandate mehr bekommen. Das ist genau das, was hier heute beschlossen werden soll: der Weg dorthin. Die politische Debatte, ob es sinnvoll sein könnte, mehr Vielfalt zu wagen im Europäischen Parlament, oder einmal die Frage zu stellen: „Inwiefern sind die Arbeitsmöglichkeiten im Europaparlament durch Kleinstparteien denn tatsächlich eingeschränkt?“, diesen Versuch unternehmen Sie gar nicht mehr.
(Tobias Winkler [CDU/CSU]: Ist jetzt zu spät!)
Fällt Ihnen das eigentlich auf? Sie versuchen überhaupt nicht mehr, zu begründen, inwiefern die Arbeitsfähigkeit des Europaparlaments beeinträchtigt wäre, weil Volt oder die Piratenpartei oder Die Partei den ein oder anderen Sitz hat.
Ich finde, da wird draußen teilweise etwas Falsches erzählt. Herr Winkler, noch einmal: Nach der letzten Europawahl sind aus Deutschland neun Abgeordnete über Kleinstparteien ins Europaparlament gewählt worden. Bis auf Herrn Sonneborn sind die anderen acht in eine der sieben Fraktionen eingetreten. Das ist genauso wie bei Fraktionen hier im Deutschen Bundestag: Die Abgeordneten sind dadurch politischen Familien zugeordnet und werden nicht als Einzelkämpfer wahrgenommen, sondern als Fraktionsmitglieder. Jede Wette, dass auch zukünftig die meisten Abgeordneten in Fraktionen eintreten. Wer glaubt, darstellen zu können, dass das Europaparlament deshalb nicht arbeitsfähig wäre,
(Zuruf des Abg. Tobias Winkler [CDU/CSU])
der müsste auch behaupten, der Bundestag wäre nicht arbeitsfähig, weil der ein oder andere Abgeordnete nicht mehr einer Fraktion angehört oder weil wir einen Abgeordneten des SSW im Bundestag haben. Ich bin froh, dass der SSW im Bundestag vertreten ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich bin auch froh, dass Kleinstparteien im Europaparlament vertreten sind.
Was Sie hier machen, ist leider: Sie versündigen sich an einem demokratischeren Europa. Es ist schäbig und eines demokratischen Parlaments nicht würdig, dass man so mit Urteilen des Bundesverfassungsgerichts umgeht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)