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Kein Fortschritt bei der Suchtbehandlung

Rede von Ates Gürpinar,

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Entziehungsanstalten – da hat die Kollegin Heitmann recht – wird uns eine isolierte Betrachtung nicht weiterbringen. Wir hatten bereits in der ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs darauf gedrängt, das Thema grundsätzlicher anzugehen. Es muss ja darum gehen, eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erreichen und Rückfälle zu vermeiden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die CDU/CSU hat an ihrem Entwurf jetzt natürlich nichts verändert. Zwischenzeitlich hatte die Koalition, die sich bei dem drängenden Thema ja nun doch zu viel Zeit gelassen und die Anhörung verhindert hat, einen in diesen Punkten – Kollegin Heitmann, das muss ich Ihnen sagen – identischen Entwurf vorgelegt. Beide Entwürfe sind mutlos. Sie zielen darauf, das Problem auf die einfachste und nur vermeintlich günstigste Weise zu lösen: Weniger Feststellungen von Behandlungsbedarf bedeuten weniger Auslastung. Das wird durch eine engere Bestimmung erreicht: Mehr Menschen sollen jetzt in die Vollzugs- und weniger in die Entzugsanstalten. Aber das wird das Problem nicht lösen und langfristig sogar eher vergrößern.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen: Lassen Sie uns über Grundsätzliches reden, etwa über die zu hohen Strafen bei Drogendelikten; denn damit steigt auch die Zahl der Angeklagten, die über den § 64 StGB eine Reduzierung ihres Konsums versuchen. Auch bei den Justizvollzugsanstalten müsste angesetzt werden. So bräuchte es eine stärkere Orientierung auf Resozialisierung. Es bräuchte offenen Vollzug, Therapieangebote und Ausbildungen bzw. Arbeit, die gleichwertig zur Arbeit „da draußen“ ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem, sehr geehrte Damen und Herren, muss darauf hingewiesen werden, was Suchtforscher nicht müde werden zu betonen: Ein zentrales Problem für den gegenwärtigen Zustand ist der Teufelskreis, der aus Illegalisierung von Konsumierenden und deren Sucht entsteht. Suchtkranke brauchen zunächst einmal Hilfe!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und zur Hilfe gehören weder erzwungener kalter Entzug noch Gefängnis. Selbst zur Kosteneinsparung wäre eine Entkriminalisierung weitaus sinnvoller als der von Ihnen vorgelegte Vorschlag. Das bisherige Prinzip der Entziehungsanstalten hilft dabei gerade nicht.

Stärken Sie doch stattdessen die Behandlungskapazitäten für die vielen Menschen, die Hilfe etwa in der spezialisierten Psychotherapie, in der Substitutionsbehandlung, in der akzeptierenden Drogenhilfe oder auch in der stationären Behandlung suchen.

Ich komme zum Schluss.

Wir brauchen und fordern einen umfassenden Ansatz, der alle Faktoren einbezieht. Nur dann helfen wir sowohl der Gesellschaft als auch den Verurteilten wirklich.

Vielen, vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)