Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am letzten Freitag, dem Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, haben zahlreiche Abgeordnete kämpferische Fotos in den sozialen Medien gepostet oder Orange getragen, um auf die Bedeutung dieses Tages aufmerksam zu machen. Aus den Reihen der Koalitionsfraktionen hieß es im Rahmen der Haushaltsberatungen auch, jetzt brauche es mehr als Symbolpolitik, es müssten endlich Taten folgen. Das ist absolut richtig.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn: Jede dritte Frau in Deutschland erfährt im Laufe ihres Lebens körperliche oder sexualisierte Gewalt. Bei Frauen mit Behinderungen ist das Risiko dreimal höher. Noch immer wird jeden zweiten bis dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Das Schockierendste an diesen Zahlen ist, dass sie sich nicht ändern, dass nichts passiert.
Der CEDAW-Bericht sagt auch ziemlich deutlich, woran das liegt. Er kritisiert nämlich, dass Deutschland immer noch keine umfassende Präventionsstrategie im Kampf gegen Gewalt an Frauen hat. Nun ist dieser Bericht schon vom letzten Jahr, damals hatten wir noch keine Ampelregierung, sondern eine Große Koalition, und die hat dann zu diesem Vorwurf gesagt: Doch, die haben wir. Schließlich sei die Istanbul-Konvention 2018 in Kraft getreten, und das sei ja nach deutschem Verfassungsrecht nur möglich, wenn die Anforderungen der Konvention im nationalen Recht bereits erfüllt seien. Kontrolliert werde dies von der GREVIO-Kommission; wir haben es gerade schon gehört. – Thema erledigt für die GroKo!
Jetzt hat die GREVIO-Kommission aber gerade einen neuen Bericht veröffentlicht, und darin sagt sie – Überraschung! –: Deutschland erfüllt die Anforderungen eben nicht. – Das hat die neue Koalition auch erkannt und sich in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, dass sie die Istanbul-Konvention „vorbehaltlos” und „wirksam” umsetzen will. Die Vorbehalte werden zum Februar zurückgezogen. Das ist zu begrüßen, kostet aber auch nichts. „Wirksam“ würde hingegen bedeuten, dass Mittel in die Hand genommen werden müssten, um notwendige Strukturen zu schaffen. Davon haben wir im Haushalt leider nichts gesehen – im Gegenteil!
Die Koalition schreibt in ihrem Koalitionsvertrag:
"Wir berücksichtigen die Bedarfe vulnerabler Gruppen wie Frauen mit Behinderung …"
Die Konsequenz sehen wir: Das Bundesprogramm zum Ausbau von Frauenhäusern und Beratungsplätzen wurde von 30 Millionen auf 20 Millionen Euro gekürzt – eine Kürzung um 30 Prozent genau in dem Programm, mit dem diese Angebote für Frauen mit Behinderung zugänglich gemacht werden sollen. Dabei ist die Ampel sonst bei Mitteln für den Ausbau von Gebäuden gar nicht so knickerig. In den Ausbau des Bundeskanzleramts pumpt sie schließlich 770 Millionen Euro.
(Beifall bei der LINKEN)
Weil nach über einem Jahr immer noch viel zu wenig passiert ist, legen wir heute einen Antrag vor, der die Bundesregierung dazu auffordert, endlich zu handeln. Wir brauchen einen nationalen Aktionsplan, eine Koordinierungsstelle mit angemessenen finanziellen und personellen Ressourcen und einen Gesetzentwurf, der dafür sorgt, dass die fehlenden 14 000 Frauenhausplätze – ich sage es noch mal: über 14 000 Frauenhausplätze fehlen in diesem Land – endlich aufgebaut werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Bilder in den sozialen Medien schaffen vielleicht Aufmerksamkeit, aber sie lösen nicht die strukturellen Probleme. Um diese strukturellen Probleme zu lösen, sind wir eigentlich hier. Deswegen: Nehmen Sie Geld in die Hand, machen Sie das, was Sie fordern, nämlich etwas anderes als Symbolpolitik, und unterstützen Sie unseren Antrag!
(Beifall bei der LINKEN)
Der CEDAW-Bericht zeigt: Es wird Zeit. Stürzen wir das Patriarchat!
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ariane Fäscher [SPD])