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Hören Sie auf mit ihrer Kahlschlagpolitik!

von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man hier die Reden von SPD und Grünen hört, hat man den Eindruck, wir hätten in diesem Land eine FDP-Alleinregierung. Darum verrate ich Ihnen das Geheimnis: Sie sind an der Koalition beteiligt, und Sie müssen dafür sorgen, dass demnächst ein ordentlicher Haushalt ohne diese Kürzungen aufgestellt wird.

(Beifall bei der LINKEN – Maja Wallstein [SPD]: Wir setzen uns doch dafür ein!)

Wenn diesen strukturschwachen Regionen der Geldhahn abgedreht wird, dann wäre das vor allen Dingen ein Angriff auf Ostdeutschland, und das darf nicht hingenommen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Detlef Müller [Chemnitz] [SPD]: Quatsch!)

Es wäre auch ein Angriff auf alle abgehängten Dörfer und Städte in unserem Land, und das darf niemand zulassen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Abgehängt nach 40 Jahren Sozialismus!)

Meine Damen und Herren, rund 300 Millionen Euro sollen bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ gestrichen werden.

(Maja Wallstein [SPD]: Sagt wer?)

Zum Vergleich: Das zweite Kanzleramt, ein völlig überflüssiges Bauwerk, soll rund 777,3 Millionen Euro kosten. Das steht doch in keinem Verhältnis. Fangen Sie mit den Kürzungen bei den Luxusbauten der Bundesregierung an!

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Da hat sie recht!)

Das Argument vieler Bundesfinanzminister lautete immer: Die Bundesförderung kann doch gestrichen werden, weil das Geld nicht umfassend abfließt. – Machen Sie sich doch einmal darüber Gedanken, meine Damen und Herren, warum das Geld nicht vollständig abfließt. Wir haben nämlich auf Bundesebene zu viele Ministerialbeamte – inzwischen ist diese Bundesregierung mit 30 000 Menschen die größte Bundesregierung ever – und viel zu wenige in den Orten, wo über die Investitionen vor Ort entschieden wird und diese vorbereitet werden. Das ist ein Missverhältnis, und das muss geändert werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Kommunen warnen zu Recht vor der Kürzung der Fördermittel für den Städtebau. Jeder Euro Fördermittel generiere etwa 7 Euro private Investitionen, sagte der Chef des Deutschen Städtetages.

Die Bundesregierung steuert, wenn sie so weitermacht, mit voller Kraft auf eine Wirtschaftskrise zu. Das darf nicht passieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

In Anbetracht einer drohenden Wirtschaftskrise müssen wir doch mehr und nicht weniger in unsere Infrastruktur investieren.

Sie hatten ja in Ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, strukturschwache Regionen sollen gestärkt und die Mittel jährlich erhöht werden. Das scheint alles Schnee von gestern zu sein. Sie brechen ein Wahlversprechen nach dem anderen und wundern sich dann, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Koalition unter den Gefrierpunkt sinkt. Hier muss etwas geändert werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Aber es geht ja nicht nur um die 300 Millionen Euro für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, die Sie streichen wollen. Sie wollen auch die soziale Infrastruktur eindampfen, und Herr Lauterbach will reihenweise Krankenhäuser schließen. Hören Sie endlich auf mit diesem Kahlschlag!

(Beifall bei der LINKEN – Maja Wallstein [SPD]: Erzählen Sie doch nicht so was! Das stimmt doch gar nicht! Billig!)

SPD, Grüne und FDP haben sich geeinigt, dass überall die Axt angelegt werden darf, bloß nicht bei der Bundeswehr. Wenn Sie wirklich – und das wäre fatal – 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das Militär ausgeben wollen, dann kommen wir auf 80 Milliarden Euro.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Immer noch zu wenig!)

Dieses Geld fehlt in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Schulen und Universitäten. Das fehlt den Kindern, denen Sie die Kindergrundsicherung verweigern. Wir sagen: Wir brauchen endlich die Kindergrundsicherung!

(Beifall bei der LINKEN – Sepp Müller [CDU/CSU]: Und die Kinder im Bombenhagel?)

Wir dürfen uns nicht auf den Weg in eine Kriegswirtschaft begeben; das darf nicht passieren.

(Beifall der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, Herr Lindner will unbedingt die Schuldenbremse im nächsten Jahr einhalten. Das empfindet er als sein Markenzeichen.

(Zuruf von der FDP: Steht in der Verfassung!)

Ich glaube, dieses Land braucht einen Finanzminister, der ein anderes Markenzeichen hat, nämlich Wohlstand für alle. Das wäre ein guter Plan.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD: So wie Ludwig Erhard!)

Meine Damen und Herren, mit der Schuldenbremse verschärfen Sie die wirtschaftliche Lage unseres Landes. Wir dürfen bei Investitionen nicht kürzen. Wir müssen noch mehr investieren, aber dazu brauchen wir nicht unbedingt neue Schulden zu machen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Hat im Sozialismus ja gut geklappt!)

Wir können endlich – wir haben es vorhin vorgeschlagen – die Menschen gerecht besteuern, die in jeder Krise noch reicher werden.

(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Das ist eine gute Idee!)

Selbst die EZB-Chefin Lagarde kritisierte die „Gierflation“. Ja, die Inflation ist im Vergleich zum Vorjahr etwas abgeschwächt; doch massiv sind die Preise für Lebensmittel gestiegen: um fast 15 Prozent. Teurer wurden auch Molkereiprodukte – um 28 Prozent – und Brot – um 19 Prozent. Es kann doch nicht sein, dass die Menschen in unserem Land bei Grundnahrungsmitteln sparen müssen. Das darf nicht geschehen!

Meine Damen und Herren, wir müssen endlich Krisengewinne besteuern, und Vermögende dürfen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend: Heute vor 82 Jahren begann Deutschland den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Sowjetunion, also auch gegen die Ukraine. Eigentlich hätte ich erwartet, dass sich der Bundespräsident heute dazu im Bundestag äußert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)