Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Herr Habeck, das war wieder sehr schöne Lyrik.
(Heiterkeit der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])
Es war leider auch viel Schönfärberei dabei. Die Lage ist wesentlich ernster, als Sie sie darstellen, und Sie haben leider keinen vernünftigen Plan.
Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft rechnen über 70 Prozent der Unternehmen in unserem Land in diesem Jahr mit einem Rückgang oder bestenfalls mit einer Stagnation der Produktion. Was heißt das? Vielen Unternehmen droht das Aus, Tausende Beschäftigte bangen um ihren Arbeitsplatz. Da helfen keine salbungsvollen Worte, und da helfen auch keine Ankündigungen, Herr Habeck. Hier muss dringend gehandelt werden!
(Beifall bei der LINKEN)
Ja, die Verhältnisse am Gasmarkt haben sich vorerst entspannt. Das liegt aber nicht an Ihrer Politik; das liegt an der geringeren Nachfrage, unter anderem wegen des bisher relativ milden Winters und wegen des Rückgangs in der Produktion.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: An den vollen Gasspeichern!)
Fest steht: Die Verbraucher haben von dieser Entspannung praktisch nichts; denn die wenigsten Energieversorger kommen auf die Idee, die niedrigeren Preise an ihre Kunden weiterzugeben. Herr Habeck, das geht doch so nicht!
(Beifall bei der LINKEN)
Wieso halten Sie Ihre schützende Hand weiter über die Aktionäre der Energiekonzerne, die auf dem Rücken der Verbraucherinnen und Verbraucher ungebremst weiter Kasse machen? Das ist unerhört.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen endlich eine funktionierende staatliche Preisaufsicht für Energie.
Und die Frage bleibt weiterhin: Wie wird die Energieversorgung in Zukunft sichergestellt? Sie sagen, es gibt bald mehr LNG-Gas. Zum größten Teil ist das übrigens umweltzerstörendes Fracking-Gas; es ist also alles andere als toll, Herr Habeck. Aber dieses Mehr an LNG-Gas wird wahrscheinlich aufgefressen werden durch die höhere Nachfrage aus China; denn die wird wieder anziehen nach dem Ende der Zero-Covid-Politik. Das wiederum wird dazu führen, dass Deutschland wieder Gas auf dem Weltmarkt aufkaufen muss zu jedem Preis, zu dem es da noch kommt, egal wie hoch er ist.
Das führt nicht nur zu höheren Preisen hier bei uns, das führt auch dazu, dass Länder des Globalen Südens – Südafrika, Indien – ernsthafte Versorgungslücken bekommen werden, weil sie sich diese hohen Gaspreise nicht leisten können. Das ist einfach unverantwortlich; ich muss es so sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber ja, reden wir auch über die Ursachen. Natürlich: Putin hat mit seinem verbrecherischen Angriffskrieg diese Situation verursacht. Aber es sind Ihre kopflosen Energiesanktionen, die die Weltmärkte erst in dieses Chaos gestürzt haben; das ist leider die Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN)
Und wenn Sie jetzt sagen: „Das war notwendig, um Putin den Geldhahn abzudrehen“, dann möchte ich Ihnen einmal zur Kenntnis geben: Deutschland kauft aktuell auch noch – das haben Zeitungen berichtet – russisches Gas, nur über Umwege, zum Beispiel über Belgien, und russisches Öl kaufen wir auch noch, zum Beispiel über Indien – beides übrigens zu einem deutlich höheren Preis als im Direktbezug. Ich meine – nichts für ungut! –, wie dumm kann man eigentlich sein! Der Einzige, der darüber lachen kann, ist Putin. Den Menschen in diesem Land ist leider gar nicht zum Lachen zumute. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Schnitt müssen die Beschäftigten bereits jetzt mit einem Reallohnverlust von einem ganzen Monatsgehalt pro Jahr umgehen. Sie können sich das vielleicht nicht vorstellen; aber das bringt viele in echte Existenznot. Der Deutsche Mieterbund warnt, dass Haushalte bis in die Mittelschicht hinein ihre Wohnkosten nicht mehr werden zahlen können, wenn die Heizkostenabrechnung für letztes Jahr zugestellt wird. Die Zeitung „The Economist“ erwartet sogar eine höhere Sterblichkeit wegen niedrigerer Raumtemperatur. So ernst ist die Lage.
Man muss einfach feststellen: Andere Länder gehen da andere Wege, zum Beispiel die USA. Sie schaffen mit ihrem sogenannten Inflation Reduction Act wirtschaftliche Rahmenbedingungen, unter denen Unternehmen weiter im Land produzieren können, und sie investieren massiv und konkret in den Ausbau erneuerbarer Energien.
Herr Habeck, wo ist Ihr Plan? Sie kündigen an. Sie haben vor. Sie wollen dies und das machen. Aber das reicht nicht. Ankündigungen sind genug gesprochen, es müssen endlich Taten folgen!
(Beifall bei der LINKEN)
Wir stellen fest: Andere Regierungen achten darauf, keine Maßnahmen zu ergreifen, die ihrem Land selbst mehr schaden als Russland. Deutschland macht leider das Gegenteil. Es ist darum höchste Zeit für einen Kurswechsel. Die Menschen in unserem Land haben wirklich Besseres verdient.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)