Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Schwierigkeiten mit Menschen, die nur die Rechte Palästinas oder nur die Rechte Israels sehen. Frieden und Lösungen gibt es nur mit beiden Seiten.
(Beifall bei der LINKEN)
Es stimmt nicht, dass die Hamas keinen Grund für die Raketenangriffe hatte; es gab aber keinen, der die Angriffe rechtfertigte.
Israels Ministerpräsident Netanjahu hat drei Wahlen nicht gewonnen und nicht verloren und ein Strafverfahren am Hals – das verunsichert. So entschloss er sich zu Einschränkungen für Palästinenser an deren heiligem Tempelberg und zum Beginn der Zwangsräumung eines palästinensischen Viertels in Jerusalem. Dieses Viertel hat die UNO 1956 mit Absicherung Jordaniens den Palästinensern zur Verfügung gestellt. Die Grundbücher wurden allerdings nicht geändert, worauf sich Netanjahu beruft. Trotzdem war und bleibt das Vorgehen politisch und moralisch eine Provokation. Netanjahu muss das gewusst haben, was das auslösen kann, aber der Job war ihm wohl wichtiger.
(Beatrix von Storch [AfD]: Also doch ein Zusammenhang, also doch gerechtfertigt, oder was?)
Warum sind die Raketenangriffe der Hamas auf Israel trotzdem durch nichts zu rechtfertigen? Auch wenn man von einem Krieg ausgeht, dürfen nur militärische, niemals zivile Ziele angegriffen werden. Das ist der Hamas aber völlig egal. Sie schießt wild auch in Städte Israels und trifft Zivilisten. Israel hat selbstverständlich ein Selbstverteidigungsrecht; aber Bombardierungen von dichtbesiedelten Wohngebieten sind ebenso völkerrechtswidrig. Bei beiden Seiten muss das aufgeklärt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
1947 fasste die UNO einen Beschluss und wollte die Staaten Israel und Palästina gründen. Die Verwaltung von Jerusalem und Bethlehem sollte international erfolgen. Die arabischen Staaten lehnten den Beschluss ab. Israel wurde gebildet, alles andere geschah nicht. Israel wehrte sich erfolgreich gegen den damaligen Krieg arabischer Staaten gegen Israel. Die Osloer Vereinbarungen zwischen Israel und den Palästinensern brachten aber eindeutig zum Ausdruck, dass der damalige palästinensische Präsident Arafat Israel endlich anerkannte und die Palästinenserinnen und Palästinenser einen eigenen Nationalstaat wollen. Gespräche zwischen Arafat und Rabin verliefen erfolgreich. Dann aber wurde Rabin durch einen Israeli erschossen – eine blanke Katastrophe für die weitere Entwicklung.
Zurzeit ist die Lage für die Palästinenserinnen und Palästinenser völlig perspektivlos. Das eskaliert sie. Beide Seiten sind festgefahren. Sowohl Fatah als auch Hamas sind erfolglos; aber die Hamas wird bei den Palästinensern immer beliebter, weil sie als widerständiger gilt. Warum verschaffen die israelische Regierung, die westlichen Regierungen, auch unsere Regierung, der Fatah keine Erfolge, damit sie im Ansehen ihrer Bevölkerung wieder steigt?
(Beifall bei der LINKEN)
Im Gegenteil: Die israelische Regierung plante sogar, 30 Prozent des Westjordanlandes juristisch zu annektieren. Statt Waffen an die Türkei, Saudi-Arabien, Israel und viele andere Staaten zu liefern, statt an Kriegen zu verdienen, sollte die Bundesregierung gerade wegen unserer historischen deutschen Verantwortung einen Beitrag zur Lösung des Nahostkonflikts leisten,
(Beifall bei der LINKEN)
und zwar für einen souveränen und sicheren Staat Israel und für einen souveränen und sicheren Staat Palästina im Rahmen der Grenzen von 1967. Auch für Jerusalem gibt es eine Lösung.
Selbstverständlich müssen wir unser Demonstrationsrecht hüten. Aber ich sage es ganz klar: Antisemitische Parolen und das Verbrennen der israelischen Fahne sind Straftaten, die streng zu verfolgen sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Man darf die israelische Politik und Regierung kritisieren, aber Menschen niemals wegen ihrer Religion oder Nationalität verfolgen. Menschen sind nach ihrem Charakter, nach dem, was sie tun und unterlassen, zu beurteilen, nach nichts anderem. Es gibt zum Beispiel scharf zu verurteilende Islamisten, aber niemals dürfen sie mit allen muslimisch Gläubigen gleichgesetzt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich bin es leid, dass Jüdinnen und Juden abgelehnt werden, nur weil sie Jüdinnen und Juden sind. Ich bin es leid, dass Musliminnen und Muslime abgelehnt werden, nur weil sie Musliminnen und Muslime sind. Ich bin es leid, dass Christinnen und Christen abgelehnt werden, nur weil sie Christinnen und Christen sind. Ich bin es leid, dass Angehörige anderer Religionsgemeinschaften abgelehnt werden, nur weil sie Angehörige dieser Religionsgemeinschaften sind.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich bin es leid, dass nicht religiöse Menschen abgelehnt werden, nur weil sie nicht religiös sind.
Was wir im Nahen Osten brauchen, sind zwei sichere Staaten mit einer politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und moralischen Perspektive, einmal für die Israelis und einmal für die Palästinenserinnen und Palästinenser, damit es endlich im Interesse aller Menschen dort Frieden gibt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)