Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Gäste auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kürzlich sprach ein Landtagsabgeordneter der CDU von „Öko-Terroristen“. Sie, Herr Dobrindt, warnten vor einer „Klima-RAF“, wie es Frau Mihalic auch gerade gesagt hat.
(Stephan Brandner [AfD]: Er hat es doch gerade erklärt!)
Und durch Ihre Ausführungen wurde Ihre Aussage einfach auch nicht besser.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie hat die Antwort auf meine Frage verweigert! Was ist denn Ihre Antwort darauf?)
Der hessische Justizminister fabulierte über Terroranklagen gegen Klimaaktivisten. Damit vergleichen Sie Personen, die sich für den Erhalt der menschlichen Lebensgrundlage einsetzen, mit Verbrechern, die Bomben bauen und aus Verachtung vor menschlichem Leben Anschläge verüben.
(Thomas Seitz [AfD]: Und die von Ihrer Partei finanziert wurden!)
Wenn Sie das wirklich ernst meinten, sollten Sie sich für diese Vergleiche schämen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
In Ihrem Antrag geben Sie vor, es ginge Ihnen um den Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit. Aber die oben genannten Aussagen, die ich gemacht habe, verdeutlichen, worum es Ihnen eigentlich geht: um die größtmögliche Kriminalisierung der Äußerung einer politischen Meinung, die nicht mit Ihrer eigenen übereinstimmt.
(Karsten Hilse [AfD]: Das sagt die Richtige! – Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])
Sie wollen Menschen inhaftieren, die politisch links stehen.
(Fabian Jacobi [AfD]: Gemeingefährlich!)
Das ist kein demokratischer Vorschlag; das sind autoritäre Anwandlungen, die unsere Debattenkultur und unsere Demokratie ernsthaft gefährden.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich glaube, Sie haben einfach Angst. Nach 16 Jahren in der Regierung haben Sie Angst vor Bedeutungsverlust, weil Sie merken, dass Sie keine Antworten auf die drängenden Probleme unserer Gesellschaft haben.
(Karsten Hilse [AfD]: Aber Sie haben die Antworten?)
Aber diesem Gefühl der Unsicherheit begegnet man doch nicht mit dem Strafrecht, sondern mit eigenen tragfähigen politischen Ideen.
(Beifall bei der LINKEN)
Auch wenn darin – wir haben ja Ihren Antrag gelesen – mittlerweile keine ohnehin rechtswidrige Präventivhaft mehr enthalten ist und Sie diese nicht mehr fordern, läuft das, was Sie da formulieren, juristisch betrachtet, auf Quatsch-Jura hinaus. So wollen Sie § 240 Absatz 4 StGB um Regelbeispiele erweitern. Die Teilnahme an Sitzblockaden im Straßenverkehr soll ein besonders schwerer Fall der Nötigung werden. Aber: Sitzblockaden zur politischen Meinungsäußerung fallen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die sehr ausdifferenziert ist, in den Schutzbereich des Versammlungsrechts aus Artikel 8.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Nicht per se! – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch nicht sachlich begründet!)
Und wenn keine verwerfliche Nötigung vorliegt, müssen wir über eine besondere Schwere bei der Strafbemessung gar nicht reden.
Nein, ich möchte jetzt erst meine Gedanken zu Ende bringen.
Aber kommen wir zum Grund der Proteste zurück. Luisa Neubauer sagte richtigerweise, dass die Kritik an den Aktionsformen der „Letzten Generation“ nichts an der bestehenden Klimakatastrophe ändert, dass sämtliche Klimaziele, die ohnehin viel zu unambitioniert waren, nicht eingehalten werden.
Wenn sich nicht bald grundlegend etwas ändert, werden große Teile der Erde unbewohnbar. Zig Millionen Menschen werden ihre Lebensgrundlage verlieren, wie wir es dieses Jahr auch schon in Pakistan gesehen haben. Sie werden sterben oder zur Flucht getrieben. Statt dies in den Mittelpunkt Ihres politischen Handelns zu stellen, geht aber auch die Koalition auf Ihre Drohgebärden ein, und die Innenministerin unterstellt, dass vorsätzlich Rettungswege versperrt wurden.
Ich kenne keine Klimaaktivistin, die sich mit dem Vorsatz der Versperrung von Rettungswegen mit Uhu auf die Straße geklebt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Im Gegenteil: Wir haben am Montag gesehen, wie in Leipzig Menschen, die eine Straßenblockade gebildet haben, sofort Platz gemacht haben, als die Feuerwehr durchmusste. So muss das laufen!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist schwierig, wenn man anklebt!)
Der Tod der Radfahrerin ist wirklich sehr tragisch. Ich denke, wir alle müssen verhindern, dass Menschen im Straßenverkehr sterben.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die „Letzte Generation“ muss das tun; wir müssen aber alle dafür sorgen.
Wir müssen auch darüber diskutieren, wie wir solidarisch miteinander umgehen: nicht in der zweiten Reihe parken, Rettungsgassen bilden; denn in 80 Prozent der Fälle werden keine Rettungsgassen gebildet. Daran müssen wir etwas ändern.
Statt jetzt alle Klimaproteste infrage zu stellen, sollte die Bundesregierung endlich Maßnahmen ergreifen, um den Klimawandel zu stoppen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)