Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ulrich mit einem l jetzt; das sind die Besseren.
(Heiterkeit bei der LINKEN – Gerald Ullrich [FDP]: Das wurde noch nirgendwo geschrieben!)
Diese Woche hat das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ein erschreckendes Bild über den deutschen Wirtschaftsstandort herausgegeben; Herr Habeck, das dürfte Ihnen bekannt sein: Wir sind nur noch 18. von 21. Deutschland ist als Wirtschaftsstandort auf dem absteigenden Ast. Neben Bürokratie, sinkender Innovationsbereitschaft und hohen Energiekosten ist es vor allen Dingen der Arbeitskräftemangel, der den Unternehmen zu schaffen macht. In diesem wirtschaftlichen Umfeld versuchen auch die Start-ups zu handeln. Sie haben selbst die Zahlen genannt, aus denen hervorgeht, dass wir auch bei den Start-ups in den letzten Jahren einen Rückschritt hatten.
Jetzt kann man sagen, okay, ein Forschungsinstitut ist das eine. War das vielleicht eine Auftragsarbeit? Was aber auch aufhorchen lässt, ist, dass der IGBCE-Vorsitzende diese Woche in einer Pressekonferenz gesagt hat: Man kann nur eine Wirtschaft transformieren, die es in ein paar Jahren noch gibt. – Spätestens da, Herr Habeck, müssen bei Ihnen alle Alarmsignale losgehen. Was Herr Vassiliadis auch gesagt hat, ist: Er möchte ein Perspektivtreffen nicht beim Wirtschaftsminister, sondern im Kanzleramt.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb sage ich, Herr Habeck: Sie können nichts dafür, dass Sie Minister geworden sind und es ein paar Monate später diesen Krieg gab, weswegen Sie bei Energiesicherheit und Energiepreisen handeln mussten, wo Sie als Energie- und Klimaminister gefordert waren. Was Deutschland aber dringend braucht, ist endlich auch ein Wirtschaftsminister. Und da haben Sie im ersten Jahr Ihrer Regierung zu viel liegen lassen. Deshalb müssen Sie da jetzt tatsächlich etwas mehr auf die Schiene bringen.
(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie es mal konkret!)
Es spricht für Sie, dass möglicherweise gewisse Kritik schon bei Ihnen angekommen ist, sodass Sie heute bei dieser Rede hier am Puls sind. Aber noch einmal: Sie müssen da im nächsten Jahr mehr tun; denn die Angst vor einer großen Deindustrialisierung in Deutschland ist ja allgegenwärtig. Das bekommt man auch von allen gesagt: von Arbeitgebern, von Gewerkschaftern, von vielen Beteiligten. Herr Habeck, Sie sind nicht nur Klima- und Energieminister, Sie sind auch Wirtschaftsminister.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei der Start-up-Strategie müssen Sie sich gar nicht so viel Zeit lassen; denn vieles von dem, was Sie in Ihre Strategie reingeschrieben haben – wir sind ja hier in Berlin; Berlin ist Hotspot der deutschen Start-up-Branche; in Berlin regiert Rot-Rot-Grün –, ist ein Stück weit von Berlin abgekupfert.
(Lachen der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist gerade gut, dass Sie ein paar Vorschläge von Berlin übernommen haben; denn in Berlin läuft da vieles gut. Man merkt: Wo links mitregiert, ist man auf einem guten Weg, auch in der Start-up-Szene.
(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Aber was wir als Linke einfordern – und dazu steht in Ihrer Strategie überhaupt nichts drin –: Wenn man die Start-up-Szene fördert, muss das auch mit guter Arbeit verbunden werden. Bei viel zu vielen Start-ups gibt es keine Betriebsräte, gibt es keine Tarifverträge, werden die Arbeitszeitregelungen nicht eingehalten. Deshalb sagen wir klipp und klar: Wir reichen als Oppositionsfraktion –
– auch bei dieser Strategie die Hand. Aber Fördern der Start-up-Szene muss einhergehen mit Perspektiven der guten Arbeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)