Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Bundesregierung mit ihrer Fachkräftestrategie nun endlich Menschen eine echte Chance auf dem Arbeitsmarkt und guter Arbeit den Vorrang gibt, dann hat sie Die Linke an ihrer Seite.
(Beifall bei der LINKEN)
Jahrelang galt die Devise: Arbeit muss so billig wie möglich sein. Das hat dem Fachkräftestandort massiv geschadet. Alle, auch alle aktuellen Regierungsparteien, haben den Niedriglohnbereich ausgeweitet, den Arbeitsmarkt dereguliert und Tarifflucht befördert. Das Ergebnis ist in weiten Teilen ein hausgemachter Fachkräftemangel. Arbeitskräfte fehlen vor allem dort, wo Arbeitsbedingungen schlecht und die Löhne niedrig sind: in der Pflege, in der Gastronomie, oft auf dem Bau usw. Deswegen muss die Bundesregierung jetzt ein Programm für gute Arbeit auflegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Dazu gehört, die Tarifbindung zu stärken durch ein Bundestariftreuegesetz, eine Erleichterung von Allgemeinverbindlicherklärungen und ein Verbot von OT‑Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden.
(Beifall bei der LINKEN)
Dazu gehört, prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit, Minijobs und sachgrundlose Befristung einzudämmen und abzuschaffen.
(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr richtig!)
Dazu gehört ein klares Nein der Bundesregierung zu längeren Arbeitszeiten und zu einem höheren Renteneintrittsalter.
(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unbedingt!)
Eines muss unabdingbar gelten, gerade im Hinblick auf die Fachkräfteeinwanderung, nämlich der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Wichtig ist auch, Potenziale nicht weiter links liegen zu lassen, wie es in der Vergangenheit der Fall war: nahezu 100 000 Jugendliche, die jährlich keine Ausbildung finden, weitere 200 000 in Übergangsmaßnahmen, die Schulabbrecher, Frauen, die in Minijobs oder in Teilzeit kleben oder ihre Kinder nicht betreut bekommen, Arbeitslose, die gezwungen sind, jeden noch so miesen Job anzunehmen, Menschen, die zu uns geflohen sind und keine Arbeitserlaubnis bekommen und auch noch aus Beruf und Ausbildung abgeschoben werden. Das ist doch verrückt! Viele der Genannten sind wegen fehlender Perspektive frustriert und unzufrieden. Geben Sie diesen Menschen eine echte Chance
(Beifall bei der LINKEN)
durch eine Ausbildungsplatzgarantie – dazu gehört aber auch eine Umlagefinanzierung, damit Betriebe, die nicht ausbilden, zahlen –, durch ein Recht auf Vollzeit und eine ausreichende Zahl an Kitaplätzen, wo die Kinder auch gefördert werden, durch einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung und entsprechend ausgestaltete Fördertöpfe bei der Bundesagentur für Arbeit. Hören Sie auf, Menschen nach ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu beurteilen: die einen, die Sie gerne haben wollen, und die anderen, die Sie am liebsten über das Meer zurückschicken würden. Das ist widerlich.
(Beifall bei der LINKEN)
Fachkräfte im Ausland beobachten sehr genau, wie hierzulande mit Migrantinnen und Migranten und Geflüchteten umgegangen wird. Dass Aische und Mustafa hier nicht willkommen sind, hat die Union mehr als deutlich gemacht. Aber auch der Fraktionsvorsitzende der FDP hat mit seinen Äußerungen über die Einwanderung in die Sozialsysteme ins gleiche Horn gestoßen.
(Stephan Thomae [FDP]: Es gibt Menschen, die wollen hier arbeiten, Frau Kollegin!)
Offensichtlich ist Ihnen nicht nur der politische Anstand verloren gegangen. Seien Sie sich sicher: Mit diesen Äußerungen schaden Sie dem Wirtschaftsstandort Deutschland.
(Beifall bei der LINKEN – Stephan Thomae [FDP]: Man sollte die Menschen arbeiten lassen, die es wollen!)
Notwendig für den Standort ist eine Fachkräftestrategie mit dem Grundsatz „gute Arbeit“, die zwei Dinge im Blick hat: ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte für die Wirtschaft, damit diese fit für die Zukunft und die Transformation wird, aber auch gute Lebens- und Arbeitsbedingungen und eine Perspektive für alle Menschen in diesem Land, egal woher sie kommen. Das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und letztlich auch die Demokratie.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)