Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
(Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Da haben Sie ja irre viel zu beigetragen, dass es nicht so war die letzten 20 Jahre! – Weitere Zurufe)
– Es ist sehr aufregend hier.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat höchste Zeit für eine langfristige und umfassende Fachkräftestrategie. Die Lage ist hier – das wissen wir – in den Branchen, in den Berufen durchaus differenziert: Während es in einigen Bereichen absehbar Menschen gibt, die Qualifikationen haben, wegen denen sie sich große Sorgen machen, ob sie auch morgen noch gebraucht werden, ob sie auch morgen noch einen Job haben, gibt es andere Bereiche, in denen schon heute händeringend Fachkräfte gesucht werden.
Sollen beispielsweise die Klima- und Energieeffizienzziele der Bundesregierung eingehalten werden, braucht es laut IG Metall und Handwerksverbänden über 150 000 zusätzliche Handwerkerinnen und Handwerker allein im Gebäudesektor.
Die eine Antwort auf diese Herausforderung gibt es sicherlich nicht. Aber mit dem Zögern und Zaudern der letzten Jahre muss hier endlich Schluss sein, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der LINKEN)
Erstens. Wer sich um qualifizierte Fachkräfte für die Zukunft sorgt, der muss sich zunächst einmal um verbesserte Berufsorientierung, ausreichend Ausbildungsplätze und vor allen Dingen auch um gute Ausbildungsbedingungen in den Betrieben kümmern.
Als Fraktion Die Linke begrüßen wir ausdrücklich das Vorhaben der Bundesregierung, eine Ausbildungsgarantie zu schaffen. Aber die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz. Eine echte Ausbildungsgarantie gibt es nur mit mehr betrieblichen Ausbildungsplätzen und einer solidarischen Finanzierung der beruflichen Ausbildung über eine Ausbildungsplatzumlage, die diejenigen Betriebe unterstützt, die tatsächlich ausbilden, statt junge Menschen in zweitklassige außerbetriebliche Ausbildungen abzuschieben.
(Beifall bei der LINKEN)
Und ja, wir brauchen auch mehr öffentliche Investitionen in die Berufsschulen. Vielleicht sollten wir hier tatsächlich mal über einen Berufsschulpakt zwischen Bund und Ländern nachdenken, damit auch die Berufsschulen entsprechend gefördert werden, wie das in anderen Bereichen des Bildungssystems schon der Fall ist.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zweitens. Wer insbesondere die berufliche Ausbildung attraktiv machen will, der muss für attraktive Arbeitsbedingungen sorgen – nicht nur, damit mehr junge Menschen sich für die Ausbildung entscheiden, sondern auch, damit sie nach ihrer Ausbildung tatsächlich im Beruf bleiben. Das Versagen der Bundesregierung – der letzten, und auch bei der aktuellen ist da ja keine Besserung zu erkennen –, für anständige Arbeitsbedingungen in der Pflege zu sorgen, führt uns die Folgen nur zu deutlich vor Augen:
(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt ist aber gut!)
Immer mehr gut qualifizierte Pflegekräfte verlassen den Beruf oder gehen in Teilzeit, weil sie bestehende Belastungen nicht mehr aushalten. Damit muss endlich Schluss sein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb ist es auch absolut schädlich, wenn Sie von der Union jetzt in Ihrem Antrag längere tägliche Arbeitszeiten fordern. Damit würden sich die Arbeitsbedingungen vieler Menschen verschlechtern und das Fachkräfteproblem nicht verkleinert, sondern vergrößert.
Genauso unsäglich ist Ihr anhaltender Versuch, Erwerbslose gegen Beschäftigte auszuspielen, wie Sie es auch in dem vorliegenden Antrag wieder versuchen. Natürlich ist es richtig, dass sich Arbeit und die Aufnahme einer Arbeit lohnen müssen – aber doch nicht, indem man denjenigen, die eh kaum etwas haben, noch das Existenzminimum streitig macht. Was wir dringend brauchen, sind flächendeckend Tarifverträge, die dafür sorgen, dass Arbeit überall besser und anständig bezahlt wird.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Drittens. Wir müssen dafür sorgen, dass auch diejenigen, die ohne Job sind oder die Angst haben, ihren Job aufgrund der großen Transformation, die wir durchmachen, zu verlieren, entsprechend Unterstützung bekommen und qualifiziert werden. Da braucht es entsprechende Anreize, damit Qualifizierung als besser angesehen wird als irgendein Billigjob, den man kurzfristig aufnimmt. Das muss sich ändern. Dafür brauchen wir passgenaue Angebote und ein echtes Weiterbildungsgeld, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Viertens. Wir müssen dafür sorgen, dass auch diejenigen, die in den letzten Jahren oder in diesem Jahr vor Krieg, Elend, Verfolgung nach Deutschland geflohen sind, entsprechend unterstützt werden: durch umfassende Sprachkurse, aber ohne demütiges Betteln um Sprachkurse, sondern tatsächlich von Anfang an umfassend, durch eine schnellere Anerkennung von Berufsqualifikationen, die vorhanden sind, und vor allen Dingen durch mehr Angebote, um gegebenenfalls Anpassungsqualifizierungen auch schnell durchführen zu können.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich komme zum Schluss. Klar ist: Auf eine vage „Dachstrategie“, wie Sie von der Bundesregierung das so schön nennen, kann man sich nicht verlassen. Wir brauchen einen verbindlichen Masterplan für die Fachkräftesicherung, der jetzt sofort umgesetzt wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)