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Europäisches Satellitenkommunikationsnetz muss Bürger:innen nutzen

Rede von Anke Domscheit-Berg,

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sommer veranstaltete die Europäische Union einen Wettbewerb, in dem europäische und afrikanische Studierende aufgefordert wurden, sich einen Namen für das dritte europäische Satellitenprogramm auszudenken, das ja tatsächlich noch recht spröde European Secure Connectivity Initiative heißt. Neben Galileo, dem Satellitenprogramm, dem wir GPS für unsere Navis verdanken, und Copernicus, dem sogenannten „Auge Europas“, das Bilddaten liefert, sollen in diesem Projekt unzählige neue Satelliten für ein schnelles Kommunikationsnetz sorgen, das durch Quantenverschlüsselung auch hochsichere Datenübertragung erlaubt. Damit sollen unter anderem kritische Infrastrukturen vernetzt und die Widerstandsfähigkeit erhöht werden. Kommerzielle Anbieter sollen Internet per Satellit in jedes Dorf bringen und – laut dem erwähnten Namenswettbewerb – auch nach ganz Afrika. 6 Milliarden Euro sollen sich die EU, die Mitgliedsländer und die Industrie dafür teilen, in einer Public-private-Partnership organisiert.

Aber da gibt es viele offene Fragen: Wessen Interessen werden denn eigentlich von wem und wie stark vertreten, und wer hat das Sagen in dieser PPP? Wem gehört eigentlich die Infrastruktur, und wer reguliert wie was, Zugang und Preise? Ein unbezahlbares Satelliteninternet nützt ja weder dem Dorf in Portugal noch dem in Afrika.

(Beifall bei der LINKEN)

Das alles fragt die CDU in ihrem Antrag allerdings nicht, da sie die Interessen der Wirtschaft vertritt. Sie verlangt vor allem die Beteiligung deutscher Unternehmen und die von Start-ups und KMU in sämtlichen Bereichen. Aber offenbar ist die CDU nicht up to date; denn die EU hat bereits kommuniziert, dass ein Drittel des Projektvolumens an KMU und Start-ups vergeben werden sollen.

(Beifall der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist schon ein gigantisches Förderprogramm für kleine und junge Unternehmen im Bereich New Space.

Die Linke fordert stattdessen eine Orientierung an Interessen der Bürger/-innen.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn der EU-Rats-Proposal nennt nämlich nur Europa und – ich zitiere – „geografische Gebiete von strategischem Interesse“. Das, meine Damen und Herren, klingt null nach Internet für ganz Afrika. Das klingt nach Abschottung der Festung Europa mithilfe neuer Satelliten, nach Grenzschutz und Frontex, die auch explizit genannt werden. Zwei Drittel aller von Frontex schon jetzt mit Drohnen entdeckten Flüchtlingsboote im Mittelmeer wurden übrigens libyschen Behörden gemeldet, die für ihre Folterlager bekannt sind.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Pfui!)

Soll diese widerwärtige Praxis nun mit Satelliten effizienter werden? Die Bundesregierung muss im Trilog klarstellen, was die konkreten Ziele sind und wer welchen Nutzen davon haben wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rede war in Europa übrigens auch von der Sicherung europäischer „Assets im All“; denn die Frequenzen der Datenübertragungen seien ja endlich. Das stimmt. Es erinnert an die Verteilung der ebenfalls endlichen IP‑Adressen, ohne die keine einzige Webseite im Internet auffindbar ist. Westliche Staaten und große Konzerne teilten sich seinerzeit den globalen IP-Adresskuchen auf, und für Afrika, den ganzen Kontinent, blieben winzige Krümel. Das darf sich nicht wiederholen; denn von der Weltraumnutzung dürfen nicht nur reiche Länder profitieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Globale Gerechtigkeit muss für Europa die Wertebasis sein. Als Linksfraktion werden wir die Umsetzung auch dieses Projektes daran messen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)