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Ernährungssicherheit funktioniert nur mit Armutsbekämpfung

Rede von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Schnellverfahren hat die Unionsfraktion einen Antrag unter der Überschrift „Nahrungsmittelversorgung sicherstellen“ vorgelegt, in dem anscheinend alle möglichen Themen von „gegen den Green Deal“ über „für Pflanzenschutzmittel“ bis „für Gentechnik“ vereint sind. Dabei soll es doch um die Selbstversorgung Deutschlands und Europas gehen. Aber es liest sich wie eine Aufzählung gescheiterter Anträge der Vergangenheit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir von der Linken wollen Ernährungssouveränität und haben über Jahre substanzielle Vorschläge gemacht, wie für die einheimische Bevölkerung regional und vor Ort Nahrungsmittelsicherheit geschaffen werden kann und muss. Wir brauchen dafür erstens eine Eindämmung und letztlich Aufhebung der Marktmacht der großen Lebensmittelkonzerne, zweitens kostendeckende Preise für die Produzenten, drittens eine Beendigung der Spekulation mit Lebensmitteln, viertens die Umstellung der Landwirtschaft auf Nachhaltigkeit mit einem sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft und fünftens mehr regionale Wirtschaftskreisläufe in der landwirtschaftlichen Produktion.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])

Der ganze Bereich „Ernährungssicherheit“ steht und fällt natürlich mit der wirksamen Bekämpfung der Armut. Hierzu liegen bisher weder von der Union noch von der Ampelkoalition durchgreifende Vorschläge auf dem Tisch, die tatsächlich etwas für die Verbesserung der Ernährungslage breiter Bevölkerungsschichten tun.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist die Grundintention des Antrags!)

Wir reden über 12 Millionen bis 14 Millionen Menschen, die in diesem reichen Deutschland von Armut betroffen sind. Das ist doch der eigentliche Skandal!

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Bravo! Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, der Antrag der Union hat in meinen Augen nicht viel mit moderner Agrarpolitik zu tun. Ich bin mir sicher, dass der Bauer, der bei den Marktgesprächen in Ludwigslust immer donnerstags mit seinem Stand neben mir steht, das auch so sieht.

Wir brauchen Lösungen für die Zukunft, und die kommen nicht rückwärtsgewandt aus der Vergangenheit. Anstatt eine Preisaufsicht und eine darauf basierende sinnvolle Preissubvention bei Lebensmitteln einzuführen, wie eine Preisentlastung bei Grundnahrungsmitteln – so wie in unserem Antrag auf Nullsetzung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel –, setzt die Union wieder nur auf den Markt und eine Erhöhung der Effizienz. Die ungesunde Spirale soll sich immer weiter drehen. Aber nicht mit uns Linken!

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einige Kritikpunkte der Union sind richtig, natürlich auch, dass die Tierhalter eine langfristige Perspektive für den Umbau ihrer Stallungen brauchen. Die Borchert-Kommission hat hierfür eine gute Grundlage geschaffen.

(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Genau, so ist es!)

Aber für den sozial-ökologischen Wandel in der Tierproduktion muss für Tierreduktion und Tiergesundheit und Nachhaltigkeit auch ein staatliches Förderprogramm her, und es muss für die Landwirtinnen und Landwirte Anreize geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso – lassen Sie mich das noch sagen – müssen Handel und Verbraucher verantwortungsvoll und bewusst mit Nahrungsmitteln umgehen, deren Verschwendung und Vernichtung immer noch kein Tabu ist. Hier müssen wir ansetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)