Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte auch ich mich im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes für die wertvolle Arbeit bedanken, die sie leisten. Die sehr gute Vorbereitung der Ausschusssitzungen, der Berichterstattergespräche und auch der Ortstermine ist eine notwendige Voraussetzung, ohne die wir unsere Arbeit gar nicht machen könnten.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Diese Arbeit wird aus meiner Sicht in der Hektik des parlamentarischen Alltags vergessen – und nicht nur in diesem Ausschuss, sondern oft auch in den anderen Ausschüssen –, und ich möchte heute meinen Dank an alle Mitglieder der Ausschussdienste nachholen und ihre Arbeit auch hier würdigen.
Ich bin voller Überzeugung im Petitionsausschuss. Das Bindeglied zwischen Bürgern und Parlament ist so wichtig. Das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag zu wenden, ist ein Grundrecht aller Bürgerinnen und Bürger. Doch für jene, die sich an uns wenden, ist es häufig viel mehr als nur die Wahrnahme ihres Grundrechtes. Für die meisten ist es die einzige Möglichkeit, sich außerhalb von Wahlen alle vier Jahre an uns zu wenden und damit mitzubestimmen, die einzige Möglichkeit, eigene Ideen zur politischen Gestaltung einzubringen, die einzige Möglichkeit, persönliche Schicksale auch dem Parlament vortragen zu können, und ja, für viele ist es auch die letzte Hoffnung in ihrem persönlichen Anliegen.
Aber die Zahl der eingereichten Petitionen stagniert seit 2015; im letzten Jahr waren es trotz vieler Nutzeranmeldungen ein bisschen mehr als 13 000. Dieser langfristige Rückgang macht mich stutzig. Ist das wirklich gut? Nein. Die privaten Plattformen boomen; deren Nutzerzahlen sind wesentlich höher. Und über Jahre war die einzige Reaktion aus unserem Haus darauf: Wir sind das Original. – Aber hilft uns das, wenn die Menschen uns nicht mehr erreichen, sondern ausweichen auf andere Plattformen?
Unser aktuelles Petitionswesen wird offenbar den Ansprüchen und Erwartungen der Menschen nicht mehr gerecht, und das sagen auch die Bürger, die uns schreiben: Einreichungen und Mitzeichnungen sind zu kompliziert, man hört über lange Zeit nichts, wenn man eine Petition einreicht, Verfahren laufen zu lange. Wir haben es gehört: Es gibt Petitionen, die noch aus dem Jahr 2015 im System sind. In den Suchmaschinen findet man Petitionsplattformen schnell, die dann auch noch übersichtlicher sind.
Es besteht also dringender Reformbedarf, um Petitionen den ihnen gebührenden Stellenwert hier im Bundestag zurückzugeben. Auf jeden Fall können und sollten wir das besser machen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die letzte Reform des Petitionswesens stammt aus dem Jahr 2005; das ist damit fast 20 Jahre her. Meine Fraktion hat in der vergangenen und ebenso in dieser Wahlperiode schon zahlreiche Anträge zur Änderung der Verfahrensweise eingebracht, und sämtliche sind abgelehnt worden. Wir haben mittlerweile zweimal im Petitionsausschuss und dreimal in den Haushaltsberatungen den Antrag gestellt, einen Härtefallfonds für Menschen in Not einzurichten. Auch diese Anträge wurden abgelehnt.
Die Koalition hat sich im Koalitionsvertrag ja vorgenommen, das Petitionsrecht zu reformieren. Ich erinnere: Die Hälfte der Wahlperiode ist fast vorbei,
(Martina Stamm-Fibich [SPD]: 16 Monate!)
und auch vor einem Jahr gab es in dieser Debatte Ankündigungen für eine Reform.
(Beifall des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU] – Axel Echeverria [SPD]: Es muss gut werden und nicht schnell!)
Handlungsbedarf gibt es in vielen Bereichen. Die Transparenz der Verfahren und der Entscheidungsfindungen muss unbedingt erhöht werden, und es braucht aus meiner Sicht, aus Sicht der Linken generell öffentliche Sitzungen,
(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Genau!)
es braucht eine Möglichkeit, Petentinnen und Petenten an Berichterstattergesprächen zu beteiligen, es braucht mehr Gewicht von Petitionen hier in diesem Haus, im Plenum.
Zur Transparenz gehört auch Verständlichkeit. Was bringt es Petenten und Petentinnen, wenn sie Post aus dem Bundestag erhalten, aber den Inhalt nicht wirklich verstehen, weil er vielleicht zu fachlich oder gefühlt zu weit weg von den Anliegen ist? Alle Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihren persönlichen Anliegen an uns wenden, müssen die Möglichkeit haben, das Petitionsverfahren letztlich auch verstehen zu können.
Wer mehr Fortschritt wagen möchte, der kann seine Forderungen nicht lediglich in den Koalitionsvertrag schreiben, sondern muss irgendwann auch was umsetzen, und wir werden Sie nicht nur daran erinnern, sondern wir werden auch Vorschläge machen, die die Petitionsverfahren im Sinne der Menschen in unserem Land verbessern.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])