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Ein deutscher Julian Assange wäre nicht geschützt

von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Linke wird sich enthalten. Ich werde das kurz begründen.

Wesentliche Bereiche des Lebens, die besonders kompliziert sind, sind nicht geregelt. Stellen sich einmal kurz vor, es gäbe einen deutschen Edward Snowden, der eine mögliche kriminelle Verbindung zwischen dem Verfassungsschutz und einer Neonazi-Terrortruppe öffentlich machen möchte. Dieser deutsche Edward Snowden wäre durch dieses Gesetz nicht geschützt. Das ist fatal, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Oder stellen Sie sich einmal vor, ein deutscher Julian Assange würde über mögliche Verbrechen deutscher Soldaten bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr berichten wollen. Auch dieser deutsche Julian Assange wäre durch dieses Gesetz nicht geschützt. Auch das ist fatal, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Weitere Leerstellen: Geheimdienste sind in diesem Gesetzentwurf immer noch nicht erfasst. Damit können Geheimdienste weiter ungestört illegale Operationen durchführen. Sie müssen keine Angst vor Whistleblowern aus den eigenen Reihen haben. Den Bundestag als Kontrollgremium fürchten sie ja eh schon lange nicht mehr. Das muss sich auch ändern, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Auch Verstöße von Beamtinnen und Beamten gegen die Verfassungstreue sind immer noch ausgenommen. Erinnern wir uns gemeinsam an die rechtsradikalen Vorfälle bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen, aber leider auch in anderen Bundesländern. Auch hier bedarf es einer Nachbesserung.

(Beifall bei der LINKEN)

Weiterer Kritikpunkt: Auch Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sind nicht erfasst worden. Auch hier muss sich etwas ändern.

Es ist schon erwähnt worden: Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen nicht rechtzeitiger Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof ist nicht mehr zu verhindern. Deutschland muss eine Strafzahlung leisten. Der Minister hat mir im Vermittlungsausschuss auf meine Frage hin gesagt, dass er mit einem zweistelligen Millionenbetrag rechnet. Dieses Geld hätten wir viel besser verwenden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben eine Bundesregierung mit einem Bundesfinanzminister, der mit beiden Füßen auf der Schuldenbremse steht, wenn es um soziale Programme geht.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Mit beiden Füßen steht man selten auf der Bremse!)

Unsere Forderung ist ganz klar: Diese Strafzahlung darf nicht zulasten sozialer Projekte gehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)