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Die CDU verbreitet Fake News und Hetze

von Clara Bünger,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte da weitermachen, wo Herr von Notz vorhin aufgehört hat, als er über rechtes Agenda Setting gesprochen hat.

Herr Merz – er saß vorhin noch hier; jetzt ist er verschwunden –, wir haben den Auftritt von Ihnen gestern im TV gesehen. Das war wirklich billiger Rechtspopulismus. Ich möchte an den drei Hauptaussagen, die Sie da gemacht haben, zeigen, was daran billiger Rechtspopulismus ist.

Sie haben erstens die Zahl der Ausreisepflichtigen falsch dargestellt. 300 000 haben Sie genannt. Die Zahl liegt weit, weit darunter.

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Haha! 280 000! Das ist ja lächerlich!)

– Genau, 261 925, und 80 Prozent der Menschen haben eine Duldung und kommen aus Afghanistan. Die Menschen können nicht abgeschoben werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Es gibt immer noch keine wissenschaftlichen Beweise für Pull-Faktoren, wenn Sie immer über diese Anreize sprechen.

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Die Realität!)

Dann komme ich zu meinem dritten Punkt.

(Zuruf von der AfD: Zum gesunden Menschenverstand wohl?)

– Ja, viele haben heute, glaube ich, während der Debatte Zahnschmerzen gehabt, als sie der Falschdarstellung von Dobrindt zugehört haben.

Aber bei der Äußerung zu Zahnbehandlungen von Geflüchteten haben Sie gestern wirklich Copy-and-paste bei der AfD gemacht. Dieser rechte Talking Point kam im September 2022 von AfD-Mann Sichert. Den hat er hier schon genannt und erklärt, dass Geflüchtete kostenlose Zahnbehandlungen bekommen. Das ist eine Lüge und eine falsche Geschichte, die da erzählt wird. Es ist brandgefährlich, wenn Sie das in die Mitte der Gesellschaft tragen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Sie sollten sich davon distanzieren, Herr Merz. Sie sind mit solchen Aussagen Ihres Amtes einfach nicht würdig.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Statt als größte Oppositionspartei kluge Vorschläge für alle Menschen in Deutschland zu machen, hetzen Sie gegen eine Minderheit von unter 4 Prozent. Mehr Geflüchtete gibt es nämlich nicht in Deutschland, falls Sie das nicht wissen. Ihre Hetze ist widerwärtig und hat konkrete Auswirkungen auf die Menschen. Sie sind rassistischen Attacken und Anschlägen ausgesetzt. Das ist eine Realität. Die Zahl der Anschläge und Angriffe ist gestiegen. Und manche Politiker/-innen hier im Hause überbieten sich gegenseitig mit Forderungen, die darauf hinauslaufen, Schutzsuchende noch weiter zu entrechten. Das ist wirklich schauderhaft!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Söder und Herr Merz fordern im Wahlkampf eine Obergrenze für Asylsuchende. Herr Spahn und Herr Frei spekulieren schon seit Längerem über den Ausstieg aus der Genfer Flüchtlingskonvention. – Schön, dass Sie es jetzt auch zu dieser Debatte geschafft haben, Herr Merz. Dann können Sie ja noch zuhören. Eine Obergrenze ist nämlich nicht nur unmenschlich, sondern auch rechtswidrig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das will ich hier noch mal klarstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Debatte ist doch völlig enthemmt. Vertreter/-innen von Grünen und SPD weisen das jetzt noch zurück. Aber auch hier sehe ich: Die Zustimmung zur Krisenverordnung ist wirklich eine Zäsur, eine menschenrechtliche Zäsur. Ich muss Ihnen nur sagen: Der EU-Türkei-Deal ist ein menschenrechtliches Desaster.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein, eine Lösung!)

Die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache, jüngst der Tunesien-Deal und eben heute die Zustimmung zur Krisenverordnung sind wirklich ein Tiefpunkt in Bezug auf Menschenrechte. Das wird dazu führen, dass sich die Lage an der Außengrenze für Menschen noch weiter verschlimmern wird.

Die aktuelle Diskussion basiert außerdem auch auf der falschen Annahme, dass Fluchtbewegungen sich nach Belieben steuern lassen. Warum das Unsinn ist, erkläre ich Ihnen jetzt an drei Beispielen.

Erstens. Das Thema Grenzkontrollen wurde hier schon häufig angesprochen. Ich sage Ihnen mal was: Asylsuchende haben das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Sie dürfen an der Grenze nicht zurückgewiesen werden. – Herr Dobrindt, habe ich Sie da vorhin richtig verstanden, dass Sie aktiv zu Zurückweisungen an der Binnengrenze aufrufen?

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Das habe ich auch gemacht!)

– Das wäre nicht nur unmenschlich, sondern das ist rechtswidrig!

(Beifall bei der LINKEN)

Es kann doch nicht sein, dass das hier einfach so unwidersprochen stehen bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wollen Sie etwa das Recht brechen, Herr Dobrindt? Das frage ich Sie ernsthaft. Die Frage müssen Sie beantworten.

Zweitens. Dauerbrenner in der Migrationsdebatte ist der sogenannte Kampf gegen Schleuser. Niemand möchte, dass Menschen andere Menschen in Boote setzen. Das muss natürlich verhindert werden.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie befördern es noch!)

Aber die Not der Flüchtenden wird nicht dadurch gelindert, dass man gegen diese Menschen einfach so vorgeht, sondern man muss legale Fluchtwege schaffen und quasi das Elend in den Lagern und an den Außengrenzen beenden. Haben Sie denn keine Skrupel, dass die Menschen in libyschen Folterlagern oder in der Wüste sterben werden? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

Drittes Beispiel: Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie vor Kriegen und repressiven Regimes und Folgen des Klimawandels fliehen; nicht, weil es dazu Anreize in Deutschland gibt – ein besonders gefährlicher Mythos –, nicht, weil es hier so tolle Sozialleistungen gibt. Das ist nicht der Grund, warum Menschen hierher fliehen.

Die Zahl der Flüchtlinge werden Sie auch nicht verringern, wenn es Sachleistungen in Deutschland gibt.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Das tut ja schon weh, da zuzuhören! – Gegenruf von der LINKEN: Das freut uns richtig!)

Ich möchte noch mit einem – –

Okay. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)