Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke begrüßt, dass das Thema Ostdeutschland neuerdings im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. Das haben wir oft gefordert.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Staatsminister Schneider, wir wünschen Ihnen von Herzen viel Erfolg und dass die Türen des Bundeskanzlers und auch des Bundeskanzleramtes für Sie und das Thema Ostdeutschland immer weit offen stehen.
Diese administrative Aufwertung Ostdeutschlands reicht aber nicht aus. Notwendig ist eine reale politische Aufwertung. Und sie vermisse ich bislang.
(Beifall bei der LINKEN)
Ostdeutschland führt ein Schattendasein im Koalitionsvertrag. Und das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für die nächsten Jahre.
Unlängst kam in meinem Leipziger Wahlkreis eine junge Sozialarbeiterin auf mich zu. Sie arbeitet seit 15 Jahren in diesem Beruf, und nun wurde ihre Wohnung gekündigt. Die Eigentumswohnung wurde verkauft. Sie konnte sich diese trotz Vollzeitjob nicht leisten. Die neuen Eigentümer, ein junges 25-jähriges Pärchen aus Solingen, haben jetzt Eigenbedarf angemeldet.
Für sie ist das eine große Ungerechtigkeit. Ihrer Meinung nach wird im Osten nicht selten die Altersarmut der Eltern geerbt, während andere aus dem Westen ihr einfach die Wohnung wegkaufen, obwohl sie offenkundig noch nicht viel aus eigener Hände Arbeit erwirtschaftet haben.
Ich kann diesen Frust verstehen. Dieses Beispiel sagt sehr viel zu den derzeitigen Bedingungen zwischen Ost und West. Als Vollzeitbeschäftigte verdienen sie im Osten im Schnitt 650 Euro im Monat brutto weniger als westdeutsche Kollegen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Auch im 32. Jahr nach der Einheit sind wir davon Lichtjahre entfernt. Millionen Ostdeutsche sind weiterhin Beschäftigte zweiter Klasse, und der Anteil der Geringverdiener ist hier besonders hoch.
Herr Schneider, wir erwarten hier konkrete Vorschläge, wie Sie diese Ost-West-Spaltung des Arbeitsmarktes aufheben und ihr entgegenwirken wollen. Die Linke sagt deutlich: Wir brauchen die Angleichung bis 2025.
(Beifall bei der LINKEN)
Von der geplanten Anhebung des Mindestlohnes auf 12 Euro pro Stunde würden im Osten Deutschlands 1,5 Millionen Menschen profitieren. Aber wann kommt diese Erhöhung denn endlich, sehr geehrter Herr Arbeitsminister Heil? Die Inflation liegt aktuell bei 5 Prozent. Ich fordere Sie auf, noch vor Ostern die Umsetzung des Mindestlohns von 12 Euro zu beschließen. Die Linke haben Sie da an Ihrer Seite.
(Beifall bei der LINKEN)
Zwei Themen, die die Ostdeutschen besonders umtreiben, sind völlig blank in Ihrem Koalitionsvertrag: die Renten und die Energiepreise. Gleiche Rente für gleiche Lebensleistung? Denkste! Rentner im Osten erhalten noch immer im Schnitt rund 400 Euro weniger im Jahr für die gleiche Lebensleistung. Gleichen Sie die Rentenwerte endlich an, nicht erst 2025, sondern noch in diesem Jahr.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Denn auf Ostdeutschland rollt weiter eine Lawine aus Minirenten und Altersarmut zu. Jedem zweiten Vollzeitbeschäftigten droht eine Rente von unter 1 160 Euro netto, und das nach 45 Jahren, nach einem kompletten Arbeitsleben. Wir brauchen endlich ein deutlich höheres Rentenniveau.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber was machen Sie? Sie schaffen sogar vernünftige Regelungen ab, nämlich den Umrechnungsfaktor, der die Lohnlücke zwischen Ost und West wenigstens in der Rente etwas abgemildert hat. Das bedeutet eine faktische Rentenkürzung für künftige Rentnerinnen und Rentner. Herr Schneider, korrigieren Sie diese falsche Entscheidung!
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo bleiben denn die angekündigten Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger? Die Energiekosten gehen durch die Decke. Die Inflation ist auf Rekordniveau, und das Leben wird immer teurer. Das trifft das ganze Land, aber besonders den Osten.
Abschließend, zweierlei ist für den Osten essenziell: klare Perspektiven und Verlässlichkeit der bereits erreichten Vereinbarungen. Durch beide Forderungen zieht sich der Aspekt der Wertschätzung. Das ist es, was Millionen Ostdeutsche wie die bereits erwähnte Sozialarbeiterin zu Recht und seit Langem erwarten. Der erste Strukturbruch in den 1990er-Jahren hat Narben und Bitterkeit hinterlassen. Den bevorstehenden Strukturwandel müssen wir gemeinsam besser hinkriegen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)