Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Für das Leben – Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sichern, reproduktive Gerechtigkeit ermöglichen“, so der Titel des Antrags, den wir einbringen. Wir wollen viel damit, zugegeben. Aber es ist auch höchste Zeit.
Körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sind zentrale Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensplanung.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb muss eine Entscheidung gegen eine Schwangerschaft frei von Zwängen möglich sein. Gleichzeitig ist unser politisches Ziel, dass Menschen sich ebenfalls frei für eine Schwangerschaft und für ein Leben mit Kindern entscheiden können.
(Beifall bei der LINKEN)
Leider sind wir hierzulande von diesem Zustand „reproduktiver Gerechtigkeit“ noch weit entfernt. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch gibt es nicht.
(Sylvia Pantel [CDU/CSU]: Das ist doch Unfug!)
Ärztinnen und Ärzte dürfen nicht über diese medizinische Leistung informieren und sollen mit dem § 219a StGB eingeschüchtert werden. Geburtsstationen schließen, der Hebammenberuf ist immer noch nicht ausreichend gesichert, und sichere Verhütung ist für viele eine Frage des Geldes.
Wir haben unseren Antrag vorab mit Juristinnen und Juristen, mit Ärztinnen und Ärzten, Akteurinnen und Akteuren aus Bündnissen und Beratungsstellen diskutiert und ihre wichtigen Impulse aufgenommen. Wir alle sind uns einig: Es steht schlecht um die Versorgungslage, und es muss sich fundamental etwas ändern.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir also „Für das Leben“ sagen, dann meinen wir damit: Wir wollen eine Gesellschaft, in der Menschen gut und sicher leben können. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Kinder willkommen sind, ganz unabhängig von ihrer Herkunft und ihren Eigenschaften; willkommen in einer Gesellschaft, in der dafür gesorgt wird, dass sie nicht in Armut und frei von Angst leben können.
Das ist genau der Unterschied zu denen, die zwar laut für das Leben krakeelen, denen es aber komplett egal ist, dass hierzulande 2,8 Millionen Kinder in Armut leben, denen es komplett egal ist, wenn Kinder in europäischen Lagern ihren Lebensmut verlieren und unter unwürdigen Bedingungen leben müssen, denen es egal ist, dass immer noch Zigtausende Frauen bei illegalen Abbrüchen ums Leben kommen. Diesen selbsternannten Lebensschützern geht es nämlich vor allem um eins: um den Zugriff auf Frauen und die Kontrolle über deren Körper. – Ich finde, es ist an der Zeit, das hier auch so deutlich auszusprechen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Damit Frauen sich für oder gegen Kinder entscheiden können, braucht es den Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln, und zwar unabhängig vom Geldbeutel, und das Recht, eine Schwangerschaft abbrechen zu können. Und natürlich darf niemand gegen seinen Willen zwangssterilisiert werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Wahlfreiheit für ein Leben mit oder ohne Kinder ist aber auch eine Frage der sozialen Absicherung und weiterer Rahmenbedingungen. Solange prekäre Arbeitsverhältnisse, fehlende öffentliche Infrastruktur, beengte Wohnverhältnisse und auch zeitliche Unvereinbarkeiten die Entscheidung für Kinder zur Abwägungsfrage machen, ist keine Wahlfreiheit gegeben.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Linke will reproduktive Gerechtigkeit für alle. Es geht uns also um weit mehr als um die Durchsetzung individueller Interessen. Wir wollen, dass die reproduktive Gerechtigkeit als politisches Ziel verankert wird und politisches Handeln sich damit an dem folgenden Dreiklang orientiert: erstens dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung aller Menschen, zweitens dem Recht, dass jede Person selbst entscheiden kann, ob sie ein Kind bekommt oder nicht, und drittens dem Recht auf ein gutes Leben mit Kindern, also auf ein materiell abgesichertes Leben in Würde und Sicherheit mit Kindern, die der Gesellschaft willkommen sind.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich freue mich sehr auf sicherlich sehr anregende und auch turbulente Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)