Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihr Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung ist so langweilig, dass es sich noch nicht einmal lohnt, es abzulehnen.
(Heiterkeit und Beifall der Abg. Heidi Reichinnek [DIE LINKE] – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Stephan Brandner [AfD] – Stephan Brandner [AfD]: Wie stimmen Sie denn dann ab?)
Dabei stehen die Betriebe vor riesigen Herausforderungen durch neue Technologien, den Klimawandel und die Demografie. Schätzungsweise verändern sich bei jedem dritten Arbeitsplatz die Anforderungen an die Beschäftigten. Ohne intensive Fortbildungen läuft nichts.
Angesichts dessen ist der Gesetzentwurf ziemlicher Stuss. Sie entlasten zwar Betriebe bei den Kosten für die Weiterbildung. Sie sorgen aber nicht dafür, dass die Förderungen endlich bei den Beschäftigten ankommen, die sie am dringendsten brauchen, nämlich den Geringqualifizierten, bei denjenigen mit miesen Löhnen, die in Teilzeit und Befristungen festhängen. Die scheinen Ihnen völlig egal zu sein.
Nun sollen einige Tausend Fortbildungen mehr von der Arbeitsagentur bezahlt werden. Das sind aber Fortbildungen, die wahrscheinlich eh zum größten Teil vom Arbeitgeber finanziert worden wären.
(Zuruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und Sie führen eine neue Lohnersatzleistung ein, das Qualifizierungsgeld. Das ist gut für den Arbeitgeber, weil er für die Dauer der Weiterbildung keinen Lohn zahlen muss. Aber die Beschäftigten müssen während der Fortbildung mit 60 Prozent ihres Einkommens klarkommen.
(Hubertus Heil, Bundesminister: Das kann aufgestockt werden!)
Und das ist unmöglich für Leute in Niedriglöhnen oder in Teilzeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Die pfeifen doch auf eine Weiterbildung, und zwar nicht, weil sie keine Lust haben, sondern weil sie sich sonst ihr Leben nicht mehr leisten können.
Ihre angebliche Ausbildungsgarantie ist eine Lachnummer; denn dahinter verstecken sich ein paar Heimfahrten für Azubis, Betriebspraktika und – vielleicht – immerhin bis zu 7 000 zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Sie haben es immer noch nicht verstanden! Lesen bildet! Zuhören bildet!)
Das ist natürlich alles nicht schlecht. Aber wollen Sie sich jetzt ernsthaft dafür auf die Schultern klopfen? 17 Prozent jedes Schuljahrgangs bleiben ohne Berufsausbildung, und das sind mittlerweile 2,6 Millionen junge Menschen. Das ist ein Desaster.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Natalie Pawlik [SPD])
Sie kommen hier mit diesem Kleinkram um die Ecke, anstatt das eigentliche Problem anzugehen. Das eigentliche Problem ist, dass Betriebe immer weniger ausbilden. Herr Heil, Sie müssen doch sicherstellen, dass am Anfang des Berufslebens eine qualifizierte Ausbildung steht, damit die Jugendlichen nicht in Aushilfsjobs landen oder in sinnfreien Maßnahmen geparkt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Es braucht ein Recht auf Ausbildung durch einen Ausbildungsfonds, in den alle Betriebe einzahlen.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)
Die Unternehmen bilden nicht wie durch ein Wunder wieder mehr Leute aus, sondern durch die richtigen Anreize,
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Was machen Sie mit denen, die keinen Bock auf Ausbildung haben?)
und der Ausbildungsfonds ist der richtige Anreiz.
(Beifall bei der LINKEN)
Ihr Gesetz reiht sich nahtlos in eine Reihe erfolgloser Gesetze zur Aus- und Weiterbildung ein: Immer mehr Förderungen, die keiner kennt, die kaum etwas bewirken und dann auch noch nur jene erreichen, die ohnehin schon ziemlich gute Karten haben. Das bringt doch nichts.
(Beifall bei der LINKEN)
Und noch eines, Herr Heil. Sie sagen ja immer, Sie würden sich mit gleicher Kraft um das inländische Potenzial wie um die Zuwanderung von Fachkräften kümmern.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Mindestens!)
Dieses Gesetz zeigt: Das sind nichts als leere Worte.
(Beifall bei der LINKEN)