Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Letzte Woche trat in Frankreich aus dem Leck eines Reaktors Radioaktivität aus. Zum Glück blieb die Radioaktivität im Reaktorgebäude. Dieser Reaktor ist 34 Jahre alt, und schon versagt das Material.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Quatsch!)
Wer denkt, dies wäre ein Einzelfall, den muss ich enttäuschen. In Frankreich ist zurzeit etwa die Hälfte der 56 Atomreaktoren wegen ähnlicher Materialprobleme außer Betrieb. Die deutschen Atomkraftwerke haben das gleiche Alter.
Seit Monaten weise ich Sie auf die Probleme mit Atomkraftwerken hin, lege Ihnen die realen Gefahren von Atomkraftwerken dar. Das können Sie in meinen Reden nachverfolgen. Aber Sie, die Atomkraftlobbyisten in der Ampel, der Union und der AfD, blenden die unangenehmen Wahrheiten zur Atomkraft aus. Doch diese müssten in jede Abwägung einbezogen werden.
Ihre Hauptbegründung für eine Laufzeitverlängerung ist Energieknappheit in diesem Winter. Im Frühjahr sah es auch danach aus. Aber durch die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken im Herbst ist die Energieversorgung technisch sichergestellt. Um eines klarzustellen: Es ärgert mich, dass vorübergehend Kohlekraftwerke wieder laufen müssen. Aber in dieser Situation ist mir Kohlestrom lieber, als mit den Risiken der Atomkraft leben zu müssen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Koalition begründet ihre Entscheidung mit dem Stresstest der Übertragungsnetzbetreiber. Aber wir haben kein Erzeugungsproblem in der Stromversorgung, sondern ein politisches Problem. Künstlicher Wettbewerb mit starren Regularien und Börsenspekulationen drängen uns den Atomstrom auf. Ich wiederhole es bewusst noch einmal: Wir brauchen keinen Atomstrom, um durch den Winter zu kommen.
(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Och nee!)
Es wäre eigentlich ganz einfach: Teilen Sie Deutschland in zwei Stromhandelszonen,
(Martin Sichert [AfD]: Sie wollen die deutsche Teilung! Damit haben Sie Erfahrung!)
dann dürfen die süddeutschen Kraftwerke ständig Strom liefern. Auch bei viel Windkraft im Norden werden sie dann nicht aus regulatorischen Gründen abgeschaltet.
Um es Ihnen noch mal klar zu erläutern: Die Mangellage in Deutschland besteht nicht, wenn wenig Wind weht.
(Zuruf der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Mangellage besteht, wenn in Norddeutschland viel Wind ist, dann der Strom nicht nach Bayern geliefert werden kann, in Bayern aber wegen des Überangebots an Windstrom im Norden Gas- und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. An solch einem Schwachsinn festzuhalten, ist falsch.
(Zuruf der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und dann die Atomkraftwerke als Ersatz in die Waagschale zu werfen, ist der völlig falsche Weg. Das lehnen wir als Linke ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Übrigen: Wenn Sie diesem Vorschlag der Stromhandelszonentrennung folgen, dann brauchen Sie auch nicht 16 Milliarden Euro für die Mehrkosten zu bezahlen, die durch die einheitliche Stromhandelszone ausgelöst wurden.
Die Laufzeitverlängerung löst keine Probleme, sondern schafft neue.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)