Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Ihr Gesetzentwurf zum Hinweisgeberschutz erst Mitte Februar im Bundesrat gescheitert ist, hätten Sie jetzt eigentlich die Gelegenheit gehabt, auf unsere Kritikpunkte einzugehen und Nachbesserungen vorzunehmen.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau!)
Das sage ich auch in Richtung von Herrn Steffen. Leider ist das nicht wirklich passiert. Stattdessen legen Sie uns zwei vermeintlich neue Gesetzentwürfe vor, die sich im Wesentlichen kaum von Ihrem ursprünglichen Entwurf unterscheiden, und dies nur – es wurde schon gesagt –, um die Zustimmung des Bundesrates zu umgehen.
(Christian Görke [DIE LINKE]: Unerhört!)
In dem ersten jetzt vorliegenden Entwurf sind Beamtinnen und Beamte der Länder und Gemeinden vom persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen, womit eben das Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft treten kann. Der zweite vorgelegte, allerdings zustimmungspflichtige Gesetzentwurf sieht diese Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches nicht vor. Dass aber die Union jetzt ihre schäbige Blockade auf Herrn Steffen schiebt, ist aus meiner Sicht total unsachlich.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie sollten sich dafür schämen. Es ist einfach peinlich, dass Sie hier den Weg versperren.
Es ist wirklich bedauerlich, dass Sie jetzt mit den neuen Entwürfen die bestehenden Lücken nicht geschlossen haben. Einer unserer Hauptkritikpunkte ist und bleibt, dass Geheimdienste komplett vom Anwendungsbereich ausgenommen werden und Behörden Hinweisen nicht nachgehen, indem sie sie kurzerhand als Verschlusssache einstufen. Gerade Whistlerblower/-innen in Geheimdiensten – ich sage nur: Edward Snowden – haben durch ihren Mut etliche politische Skandale aufgedeckt und damit einen wichtigen Beitrag zur Demokratie geleistet.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie verdienen unsere Anerkennung und unseren Schutz. Das vermag dieses Gesetz jedoch nicht zu leisten.
Erhebliche Lücken sehen wir zudem im staatlichen Bereich. Der Komplex Reichsbürger zeigt, wie wichtig es ist, mögliche Verstöße von Beamtinnen und Beamten gegen die Verfassungstreuepflicht zu melden. Hier schützt das Gesetz jedoch nur bei bestimmten Rechtsverstößen. Hinweise auf sonstiges Fehlverhalten wie Machtmissbrauch oder Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sind nicht erfasst. Damit bricht die Ampel wieder mit ihren eigenen Versprechen aus ihrem eigenen Koalitionsvertrag.
Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof können Sie zwar nicht mehr verhindern – das wurde schon gesagt –, und das wird auch sehr teuer, aber schließen Sie wenigstens noch die vorhandenen Lücken der Gesetzentwürfe zum Hinweisgeberschutz! Dann könnten Sie sie auch mit unserer Zustimmung auf breite Füße stellen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)