Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf ist es an der Zeit, dass wir über eine schreiende Ungerechtigkeit sprechen; denn immer noch werden Menschen, die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen, schlechter behandelt als Bürgergeldempfänger. Betroffen sind hierzulande 1,2 Millionen Personen. Das sind Menschen, die nicht erwerbsfähig sind, es sind vor allem Ältere und chronisch Kranke. Sie sind im Rentenalter oder können nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten. Für sie ist nicht das Jobcenter zuständig, sondern das Sozialamt.
Der Hauptunterschied zum Bürgergeld ist: Den Betroffenen fehlen die Hoffnung und jede realistische Möglichkeit, sich durch die eigene Erwerbsarbeit aus dem Sozialhilfebezug herauszuarbeiten. Zwar bekommen sie die gleichen Leistungen wie Leute im Bürgergeld, aber Einkommen und Vermögen werden völlig unterschiedlich angerechnet. Man möchte doch eigentlich annehmen, dass wir als Gesellschaft ältere und gesundheitlich eingeschränkte Menschen ein bisschen großzügiger behandeln.
(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So sollte es sein!)
Aber das tun wir nicht, im Gegenteil, und das ist zutiefst ungerecht.
Ein Beispiel: Eine 70-jährige Frau muss ihre Minirente mit Geld vom Sozialamt aufstocken. Trotzdem reicht ihr das Geld vorne und hinten nicht, um damit über die Runden zu kommen. Deshalb nimmt sie einen kleinen Job an und putzt im nahegelegenen Restaurant. Dafür bekommt sie 200 Euro im Monat. Schlimm genug, dass sie trotz Rentenalter noch arbeiten muss. Aber am Ende bleiben ihr von diesen sauer verdienten 200 Euro gerade mal 60 Euro übrig. Ganze 140 Euro, also 70 Prozent vom gesamten Verdienst, werden ihr weggenommen, werden ihr von der Sozialhilfe abgezogen. Zum Vergleich: Eine Frau im Bürgergeld könnte von diesen 200 Euro Erwerbseinkommen das Doppelte, also 120 Euro, behalten. Diese Benachteiligung ist durch nichts zu rechtfertigen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber werden Sie das jetzt mit Ihrem Gesetz angehen? Wollen Sie diese unsinnige Schlechterstellung beenden? Nein, das wollen Sie nicht. Werden Sie die Schlechterstellung bei der Anrechnung von Vermögen beenden, sodass die Leute genauso viel Erspartes behalten dürfen wie beim Bürgergeldbezug? Nein, auch das wollen Sie nicht. Werden Sie wenigstens für ältere und chronisch kranke Menschen einen finanziellen Ausgleich schaffen, weil bei ihnen die Kosten zum Beispiel für Medikamente oder Zuzahlungen viel höher sind? Nein, nicht mal das wollen Sie. Ihr Gesetz vereinfacht das Leben der Betroffenen in keiner Weise, und das zeugt von einer unglaublichen Ignoranz.
(Beifall bei der LINKEN)
Wie zur Hölle erklären Sie diesen Menschen, dass Sie ihnen nicht einmal zugestehen, was man im Bürgergeld hat? Es müsste doch eine Selbstverständlichkeit sein, ältere und chronisch kranke Menschen zumindest nicht schlechterzustellen. Sie sammeln stattdessen in Ihrem Gesetzentwurf auf über 100 Seiten bürokratische Regelungen ohne echten Wert für die Menschen. Wann kriegen Sie es eigentlich endlich mal hin, dass Ihre Politik das Leben der Menschen besser macht? Also, ich sehe hier ja schwarz.
(Beifall bei der LINKEN)