Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Partei, Die Linke, ging aus der PDS hervor, die wiederum aus der SED hervorging. Ich weiß, dass deswegen jedes Wort aus der Linken zum Thema DDR auf die Goldwaage gelegt wird. Das verstehe ich.
Aber ich bin überzeugt: Nur wer sich mit Geschichte auseinandersetzt und sie versteht, hat das Recht, politische Verantwortung zu tragen. Und keine Partei hat so sehr an der Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte gearbeitet wie wir:
(Martin Reichardt [AfD]: Ich sehe auf Ihrem Arm, was Sie aufgearbeitet haben!)
angefangen mit dem unwiderruflichen Bruch mit dem Stalinismus über zahlreiche Kommissionen bis hin zu einer Entschuldigung bei den Opfern. Und genau deswegen ist mir das Vorgehen der AfD zutiefst zuwider.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Fünf Anträge haben Sie uns vor nicht mal 24 Stunden vor die Füße geschmissen. Und warum? Damit Sie so tun können, als würden Sie Themen setzen, die niemand anfasst. Was für ein Quatsch! Zum 17. Juni 1953, dem Tag des Volksaufstands in der DDR, der Ihnen angeblich so wichtig ist, von dem Sie aber keine Ahnung haben, wie wir gerade mitbekommen haben,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Mehr als Sie!)
gibt es diese Woche im Bundestag eine Debatte und eine Gedenkstunde. Unter Rot-Rot-Grün in Thüringen wurde der Tag erstmals in einem Bundesland Gedenktag.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die Linke hat keinen einzigen Antrag dazu beigesteuert!)
Ich sage Ihnen was, damit Sie etwas lernen: Lesen Sie mal den großartigen Roman „5 Tage im Juni“ von Stefan Heym über den Arbeiter/-innenaufstand damals. Der Roman zeigte die Widersprüche im System auf und wurde daher von der SED verboten. Heym selbst wurde aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ich kenne ihn gut!)
Genau dieser Stefan Heym zog 1994 in den Deutschen Bundestag ein, über die Liste der PDS übrigens. Als Alterspräsident hielt er die Eröffnungsrede. Vom Bundestag wurde sie zunächst nicht veröffentlicht, und die CDU/CSU-Fraktion versagte den Applaus. Angeblich sei Heym bei der Stasi gewesen – nachweislich falsch, absoluter Blödsinn. Aber er war Ossi und stand deswegen unter Generalverdacht.
Genau das machen Sie auch auf widerliche Art und Weise: Sie stellen Menschen aus der DDR unter Generalverdacht. Sie wollen nämlich sämtliche Abgeordneten und Verwaltungsmitarbeiter der letzten 33 Jahre überprüfen lassen, nicht nur auf Stasi-Mitgliedschaft – das gibt es berechtigterweise schon –, sondern auch auf jegliche Form von Tätigkeit im Verwaltungsapparat, in den Blockparteien, der SED oder Massenorganisationen. Jetzt beklagen Sie, dass die Unterlagen dazu in großen Teilen fehlen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dann muss man die wiederherstellen!)
Das heißt doch nichts anderes, als alle Ossis unter Generalverdacht zu stellen – diktiert von Wessis.
Die AfD entstand im Westen. Ihre Führungsspitze ist ein Wessi-Schaulaufen: Gauland, Meuthen, Weidel, von Storch, Curio, Höcke – alles Wessis. Nur Chrupalla haben Sie als Quoten-Ossi.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Für eine Westpartei haben wir viel Zuspruch im Osten!)
Dabei dachte ich immer, Sie mögen gar keine Quoten. Ach ja, die beiden Hauptverantwortlichen für die Anträge hier sind natürlich auch Wessis.
Es ist Ihnen zum Beispiel total egal, dass es immer noch riesige Lohn- und Rentenunterschiede zwischen Ost und West gibt. Dazu kommt von Ihnen nichts. Und Sie – ausgerechnet Sie! – spielen sich als legitime Erbinnen und Erben der DDR-Opposition auf. Das widert mich an. Das hat bei der AfD System. Da wäre der AfD-Kreistagsabgeordnete aus Dahme-Spreewald, der sich als Stasiopfer ausgab und sich für Touren durch die Gedenkstätte Hohenschönhausen bezahlen ließ. Da wäre der Wahlkampf in Brandenburg, wo es mit dem Spitzenkandidaten Kalbitz – Wessi natürlich – den Slogan „Vollende die Wende“ gab. Als gäbe es jetzt Zustände wie in der DDR. 100 DDR-Oppositionelle wehrten sich damals gegen diese falsche Vereinnahmung, und das zu Recht.
Wir werden Ihre Anträge allesamt ablehnen. Die zufällig validen Punkte aus Ihren Anträgen werden wir dort unterstützen, wo Sie sie abgeschrieben haben: aus den Anträgen der Koalition, der Union oder von uns.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein! Die haben bei uns abgeschrieben! Wie immer!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)