Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach jahrzehntelangem Stillstand in der Verkehrspolitik ist seit Mai 2023 etwas gelungen, was endlich in die richtige Richtung zielt: eine Stärkung des ÖPNV für das ganze Land.
Ich erinnere: Die Linke fordert, einen kostenlosen ÖPNV stufenweise einzuführen als Teil der Daseinsvorsorge – diskriminierungsfrei, für jedermann.
(Beifall bei der LINKEN)
Das 49-Euro-Ticket ist eigentlich noch zu teuer, wenn man bedenkt, dass der Satz für die Mobilitätspauschale bei der Berechnung des Bürgergeldes bisher darunterliegt. Die Linke fordert seit Jahrzehnten, dass der ÖPNV zur Hauptbasis des Verkehrs wird und dafür alle notwendigen Mittel eingesetzt werden. Dies fördert die Nachhaltigkeit, den Klimaschutz, den Lebenswert in Städten und Gemeinden und die Wiederherstellung der Natur.
(Beifall bei der LINKEN)
Das lange Ringen um das 49-Euro-Ticket, das wir Linke uns noch stärker subventioniert gewünscht hätten, ist ein wertvoller Erfolg für die Verkehrswende. Dieser darf nicht auf dem Altar der Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern infrage gestellt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb sagen wir Linke: Das 49-Euro-Ticket muss auf jeden Fall erhalten bleiben, nicht nur 2024, worüber gerade diskutiert wird, sondern langfristig – und dann solide ausfinanziert und auf Dauer.
Dabei geht es auch um grundsätzliche soziale Entscheidungen. Es müssen – auch im Bereich der Mobilität – endlich Verhältnisse geschaffen werden, damit niemand gezwungen ist, sich zwischen Grundbedürfnissen zu entscheiden; denn das ist bislang in unserem Land der Fall und eine Schande.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Frage, wie ich von A nach B komme, zum Beispiel für die medizinische Versorgung, die Ausbildung, die Erholung und auch zur Kultur, ist mittlerweile eine existenzielle geworden. Besonderer Gradmesser ist für mich die Lage des ÖPNV im ländlichen Raum. Über Jahrzehnte wurden hier Strukturen des Nah- und Regionalverkehrs abgebaut, angeblich aus Bedarfsgründen. Solche Gründe waren immer schon vorgeschoben und haben meiner Erfahrung nach faktisch nicht gestimmt. Man verschlechterte die Attraktivität des Angebotes, um dann auf verringerte Nutzerzahlen verweisen zu können. Und wir wissen doch: Gerade Pendler benötigen ausreichende Kapazität, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und dichte Takte.
Ich kann Ihnen sagen: Der Bedarf eines kostenlosen
(Lachen des Abg. Dr. Dirk Spaniel [AfD])
oder kostengünstigen ÖPNV in meinem Heimatland Mecklenburg-Vorpommern ist vorhanden. Die Angebote würden mehr genutzt werden, wenn Strecken und Linien flächendeckend da wären. Aber Abbau ist natürlich immer einfacher als Neu- und Wiederaufbau. Das gilt für Bus und für Bahn. Mobilität im ländlichen Raum mit dem 49-Euro-Ticket kommt nur an, wenn auch ein entsprechendes Angebot und eine Anbindung vorhanden sind. Vieles ist gerade auf dem Land, abseits von Städten und Speckgürteln, weggestrichen worden, sowohl bei der Bahn an Strecken und Haltepunkten – ich sage nur „Südbahn“ in Mecklenburg-Vorpommern – als auch beim ÖPNV, also bei den Bussen. Die gleichwertigen Lebensverhältnisse, die im Grundgesetz verankert sind, wurden und werden aus meiner Sicht schon mit diesem Fakt infrage gestellt.
In meinem Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten wir an Veränderungen. Es ist der zweitgrößte Flächenlandkreis Deutschlands; er ist größer als das Saarland. Dort gibt es seit 2018 ein Rufbussystem. Die Anfänge waren echt schwer. Wir, das heißt der Landkreis – ich bin Kreistagsabgeordnete – und der Verkehrsbetrieb des Landkreises Ludwigslust-Parchim, haben das System im Landkreis weiterentwickelt. Inzwischen gibt es in jedem Ort für jeden Haltepunkt von früh bis spät einen Stundentakt im Fahrplan.
(Beifall bei der LINKEN)
Inzwischen haben wir 120 000 Fahrgäste mit dem Rufbus erreicht, und es werden mehr. In einem Flächenland mit einer solch dünnen Einwohnerbesiedlung ist das eine große Leistung. Das ist ein positiver Trend, und diese Tendenz ist steigend. Das Bestellsystem beim Rufbus ist für Nutzer und Anbieter inzwischen aus den Kinderschuhen raus. Und ich muss sagen: Es funktioniert. Dass es in Mecklenburg-Vorpommern auch ein Senioren- und Azubiticket gibt, hilft da sicherlich auch.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber Fakt ist: Nach einer Erhöhung der Preise für das Monatsticket im Abo, worüber auch diskutiert wird, würden viele Nutzer abspringen bzw. abspringen müssen. Die Weiterführung des 49-Euro-Tickets ist gleichzeitig eine Förderung des Linienausbaus. Denn wenn mehr Fahrgäste Bus, Rufbus und Bahn nutzen, also Kunden werden, die wir vorher nicht hatten, dann kann der reguläre Linienbetrieb wieder richtig aufleben.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Verteidigung des 49-Euro-Tickets kann daher aus Sicht der Linken nur ein Baustein auf dem Weg zu einer generellen sozial-ökologischen Mobilitätswende sein. Ich als Linke – und damit spreche ich auch für meine Fraktion – bin für das Recht auf Mobilität für alle, damit Menschen mit Bus und Bahn zur Arbeit kommen und – das gilt genauso für Kranke, Angehörige älterer Generationen und sozial Bedürftige – am gesellschaftlichen Leben auch mit dem ÖPNV angemessen und barrierefrei teilhaben können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)