Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE, schlägt der Bundesregierung einen Corona-Armutsgipfel vor, um gemeinsam mit Sozialverbänden und Betroffenenorganisationen Lösungen zu finden, um allen in der Pandemie ein Leben in Würde zu ermöglichen und Armut dauerhaft zu bekämpfen. Er bittet Kanzler Olaf Scholz in einem Brief darum, einen schnellen Corona-Zuschlag auf Hartz IV zu zahlen, um armen Menschen zu helfen:
"Seit über zwei Jahren wird das öffentliche und private Leben von der Corona-Pandemie eingeschränkt. Die letzte Bundesregierung hat mit vielen Maßnahmen auf diese Krise reagiert. Meine Fraktion DIE LINKE hat einige dieser Maßnahmen im Bundestag mitgetragen und in anderen Punkten Alternativen vorgeschlagen - so wie es die jetzigen Koalitionsparteien FDP und Bündnis 90/Die Grünen auch getan haben. Was in vielen Punkten am Ende der richtige Weg gewesen wäre, können wir zum Teil heute noch nicht sagen. Aber neben der Weigerung, die Patente auf Impfstoffe freizugeben und damit der Pandemie international den Kampf anzusagen, war eine Entscheidung definitiv falsch: Zwar einen Autogipfel nach dem anderen zu veranstalten, aber keinen Sozialgipfel.
Arme Menschen sind in jeder Hinsicht am meisten durch die Pandemie betroffen - nicht gefühlt, sondern empirisch belegt. Wer arm ist, hat laut einer RKI-Studie ein höheres Risiko, an Corona zu erkranken und zu sterben. Die Armut in Deutschland ist laut Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in der Pandemie auf einen Höchststand gewachsen. Parallel sind Hilfsangebote wie Tafeln oder Sozialkaufhäuser zeitweise weggebrochen und aktuell wieder durch die Omikron-Welle gefährdet. Alleinerziehende und Familien mit vielen Kindern sind bei uns am meisten von Armut betroffen. Einige Schulkinder aus diesen Familien werden zeitweise nicht am Fernunterricht teilgenommen haben, wenn sie zu den 230.000 Menschen gehören, denen laut Paritätischem im vergangenen Jahr der Strom abgedreht wurde.
Und die Lage wird gerade noch schlimmer. Die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie gehen über die Hartz-IV-Anpassung weit hinaus. In meinen Bürgerbüros im Wahlkreis Anhalt melden sich derzeit so viele verzweifelte Menschen wie noch nie, die sagen, dass sie mit dem Geld, das ihnen zur Verfügung steht, nicht mehr über die Runden kommen. Ich bitte Sie, jetzt sofort zu helfen und einen Krisenaufschlag von 100 Euro auf Hartz IV zu veranlassen, wie es Sozialverbände fordern.
Die andauernde Pandemie ist eine riesige Herausforderung für den Staat und für Sie als neue Bundesregierung. Deshalb sollten Sie sich jetzt Expertise von außen holen und einen Corona-Armutsgipfel einberufen, um sich einen Überblick über die gravierenden Probleme der 13 Millionen armen Menschen in Deutschland zu verschaffen. Gemeinsam mit Wohlfahrts- und Sozialverbänden, mit Kommunen, den Betroffenen sowie Hilfsorganisationen müssen unverzüglich Lösungen gefunden werden, um allen in der Pandemie ein Leben in Würde zu ermöglichen und Armut dauerhaft zu bekämpfen."