Angekommen – Verwaltet – Integriert? Unter diesem Motto stand am 4.2. die Konferenz der Bundestagsfraktion vor Ort in Dortmund. Neben den VertreterInnen der Bundestagsfraktion wurden VertreterInnen von Initiativen, Selbstorganisationen, aber auch des BAMF und der Ärztekammer eingeladen. In Eingangs-Statements von Ulla Jelpke, Niema Movassat und Sevim Dagdelen wurden nicht nur Fluchtursachen aufgezeigt, sondern auch der Zusammenhang zwischen Flucht und sozialer Frage hergestellt. Kirsten Eichler (Flüchtlingsrat NRW) betonte, dass ihr bei der Einladung zuerst das Wort „Verwaltet“ ins Auge gefallen sei. Geflüchtete seien „Objekte staatlichen Handelns statt Individuen“. Für „Abschiebung“ würden Un-Worte wie „integriertes Rückkehrmanagement“ gefunden. Unter großem Applaus unterstrich sie, dass es „keine humanen Abschiebungen“ gäbe und forderte statt Abschiebungen ein „integriertes Bleibemanagement statt Rückkehrmanagement“. Großes Schweigen herrschte, als Ärztin Ruby Hartbrich von „seawatch“ von ihrer Rettungstätigkeit im Mittelmeer berichtete. Sie ging auch auf den tagesaktuellen 10-Punkte-Plan von Malta. Statt „safe passage“ einzuführen würden nun die Fluchtrouten verschoben und die Wege noch gefährlicher.
In den 4 Workshops entwickelten sich erwartungsgemäß Fachdiskussionen. Workshop 1: „La Voix des Sans Voix“, eine Selbsthilfeorganisation Geflüchteter, verurteilte die Massenunterbringung. Viele Traumatisierte haben dort keine Möglichkeit der Stabilisierung. Gesa Harbig (VMDO-Verbund sozial-kultureller Migrantenvereine Dortmund) erläuterte ein alternatives Konzept der Unterbringung von Frauen. In den vom VMDO betriebenen Unterkünften sind sanitäre Bereiche für Frauen strikt von denen für Männer getrennt. Der Vertreter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekam im Workshop 2 sehr viel Gegenwind zu spüren. Zwar betonte er, es seien bis zu 80.000 Anträge monatlich bearbeitet worden. Auf die Frage von Tareq Alaows (Refugee Strike Bochum), warum sein Antrag nach 9 Monaten, andere Anträge jedoch erst nach 19 Monaten bearbeitet würden, fand der Vertreter des BAMF keine Antwort. Eine reger fachlicher Austausch entwickelte sich in Workshop 3: „Gesundheitsversorgung für alle-auch für Geflüchtete?“ Anke Follmann (Ärztekammer Westfalen-Lippe) stellte eine Handreichung für Ärzte vor, die den Gesundheitszustand von Geflüchteten zu begutachten haben. Die entsprechenden Behörden bewerten diese ärztlichen Gutachten sehr genau; die ärztlichen Gutachten gelten als eines der wichtigsten Instrumente bei drohender Abschiebung. Rege diskutiert wurde „transkulturelle Medizin“, auch Thema in der Kassenärztlichen Vereinigung, vertreten durch Andreas Daniel. Claudius Voigt, GGUA Flüchtlingshilfe und Nelli Foumba Soumaoro (Jugendliche ohne Grenzen) brachten ihre Erfahrungen über medizinische Versorgung während und nach der Flucht ein. „Abschiebung droht – was können wir tun?“ bewegte viele Aktivistinnen und Aktivisten. Die Anwältin und Roma Nizaqete Bislimi beantwortete konkrete Fragen und schilderte Beispiele aus ihrer täglichen juristischen Praxis. Auch Kerstin Eichler (Flüchtlingsrat NRW) erinnerte an Aktionen, die Abschiebungen verhindert haben. Hinter die Mauern des Abschiebegefängnisses in Büren hat Frank Gockel die Teilnehmer blicken lassen. Mit der Initiative „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ kümmert er sich um Menschen, die bereits akut vor der Abschiebung stehen.
Die Ergebnisse aller vier Workshops wurden im Abschluss-Plenum Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Kathrin Vogler und Inge Höger zusammengetragen. Abgerundet wurde die Konferenz von Santurspieler Kioomars Musayyebi mit einigen zauberhaften Stücken.