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Whistleblower:innen verdienen unsere Anerkennung und mehr Schutz

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem kleinen persönlichen Erlebnis beginnen. 2014 durfte ich im Rahmen meiner Ausbildung bei der Menschenrechtsorganisation ECCHR mit Edward Snowden sprechen – leider nur digital, weil er ohne die Gefahr der Auslieferung an die USA, wo ihm eine hohe Strafe droht, nicht nach Deutschland reisen konnte. Für mich war sein Handeln sehr beeindruckend, als er im Jahr 2013 die weltweite Massenüberwachung durch die NSA aufdeckte und mit seinen Enthüllungen das Ausmaß der Überwachungs- und Spionagepraktiken von US-Geheimdiensten der Öffentlichkeit zugänglich machte. Denn nur durch diese Kenntnis – das haben auch Sie gesagt, Herr Fiedler – und durch die geleakten Informationen war es möglich, eine breite Diskussion in der Gesellschaft zu führen.

Ich finde, es ist ein Riesenskandal, dass Sie, Herr Jacobi, den Namen Edward Snowden auch nur in den Mund nehmen

(Fabian Jacobi [AfD]: Ach? Das ist verboten?)

und für Ihre rechte Hetze verwenden. Das ist wirklich ein Riesenskandal. Schämen Sie sich!

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der AfD)

Wenn er das wüsste! Er würde nie ein Wort mit Ihnen wechseln.

(Fabian Jacobi [AfD]: Allen Ernstes? – Weiterer Zuruf von der AfD: Und das von der Mauermörderpartei!)

Viele Menschen – auch mich – hat sein Mut, sein Wissen über die massiven Eingriffe in Grundrechte mit der Welt zu teilen

(Fabian Jacobi [AfD]: Ich habe gerade vor der letzten Diktatur gewarnt, die in dieser Stadt ihre Hauptstadt hatte, und das war Ihre Partei, die hier als Diktatur regiert hat!)

und damit seine eigene Freiheit aufs Spiel zu setzen, sehr bewegt; er hat einen immensen Eindruck bei mir hinterlassen.

Whistleblower/-innen verdienen unsere Anerkennung und unseren Schutz,

(Beifall bei der LINKEN)

weil sie eben nicht zu ihrem eigenen Vorteil Missstände aufdecken,

(Stephan Brandner [AfD]: Die heißen Hinweisgeber, nicht Whistleblower!)

sondern weil sie dies für unsere Demokratie und unsere Rechtsstaatlichkeit tun.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Ohne dieses Insiderwissen wären viele Straftaten und Skandale niemals aufgedeckt worden.

Die EU-Hinweisgeberrichtlinie wird nun endlich – ein Jahr nach Ablauf der Frist – in nationales Recht umgesetzt. Das ist gut, und das begrüßen wir auch. Es wurden noch einige Punkte nach der Sachverständigenanhörung aufgenommen – das ist gut –, wie zum Beispiel die Pflicht zur Bearbeitung anonymer Meldungen. Erhebliche Lücken bestehen aber weiterhin im staatlichen Bereich. Zwar können jetzt auch Verstöße von Beamtinnen und Beamten gegen die Verfassungstreuepflicht gemeldet werden. Das ist richtig und gerade nach der Reichsbürger-Razzia – es wurde gesagt – auch dringend notwendig. Der Entwurf versagt aber gerade bei Whistleblowerinnen und Whistleblowern; denn ein deutscher Edward Snowden wäre nach dem geplanten Gesetz nicht geschützt.

(Stephan Brandner [AfD]: Dass Sie den Namen in den Mund nehmen, ist ja ekelhaft!)

Denn Geheimdienste sind komplett ausgenommen, und Behörden können Hinweise einfach unter den Teppich kehren, indem sie sie als Verschlusssache einstufen.

(Stephan Brandner [AfD]: Hat Herr Jacobi schon gesagt! Sie haben gut zugehört!)

Dabei wäre das doch ein wichtiger Schritt, Herr Fiedler, wenn man auch Personen in diesen Institutionen miteinbeziehen würde.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Gesetz schützt außerdem nur bei bestimmten Rechtsverstößen. Hinweise auf sonstiges Fehlverhalten wie Machtmissbrauch oder Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sind weiterhin nicht erfasst; Sie haben es selbst angemerkt. Dabei steht das auch so in Ihrem Koalitionsvertrag. Wir würden uns wünschen, dass Sie wirklich zeitnah nachbessern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Entschließung greift zwar einige Punkte auf; diese müssen jetzt aber auch, Herr Steffen, schnell umgesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)